Insolvenz wegen Corona

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Der Umgang mit dem wirtschaftlichen Tod in Katastrophenzeiten

Verseuchung der Wirtschaft in vollem Gange

Im 14. Jahrhundert wütete die Pest – auch der schwarze Tod genannt – in ganz Europa und raffte über 30 % der gesamten Bevölkerung dahin. Ganze Landstriche wurden entvölkert. Jeder konnte der Nächste sein. Damit die Krankheit sich nicht weiter ausbreiten konnte, wurden die Toten sofort begraben oder verbrannt. Ziel war es, eine Durchseuchung der Gesellschaft zu verhindern. Noch heute befolgt man dieses Prinzip bei jeder Katastrophe. Ob Erdbeben, Überschwemmung oder Kriegsgeschehen. Stets ist das Erste, was man nach der Opferbergung macht, die Toten zu begraben. Würde man dies nicht tun, würden sich in kürzester Zeit Seuchen ausbreiten.

Genau das müsste man auch bei einer Wirtschaftskrise machen. Denn genau wie im medizinischen Bereich, können sich auch in der Wirtschaft Seuchen ausbreiten, wenn man die Toten nicht sofort begräbt. Aber statt die (wirtschaftlich) Toten zu begraben, hat der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflicht abgemildert und damit faktisch für die meisten ausgesetzt. Mit anderen Worten: Er hat einfach per Gesetz erklärt, dass es gar keine Toten gibt. Damit ist das Problem für alle gelöst und wir können uns beruhigt zurücklehnen.

Das Problem der Zombiewirtschaft

Das ist leider nicht der Fall. Denn damit hat der Gesetzgeber Zombies erschaffen, die weiter am Wirtschaftsleben teilnehmen und damit die gesamte Wirtschaft verseuchen, indem Sie Waren bestellen, Dienstleistungen in Anspruch nehmen oder andere Leistungen beanspruchen, die sie dann aber nicht bezahlen können. Denn die Insolvenz ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sondern aus dem Umstand, dass man nicht mehr genug Geld hat.

Das wiederum schwächt andere Unternehmen. Sie generieren Forderungen, die sie in letzter Konsequenz ausbuchen müssen. Sie nehmen in dieser Zeit wichtige Kosteneinsparungen nicht vor, weil sie von dem noch in der Zukunft liegenden Forderungsausfall nichts wissen und verschlechtern damit die eigene wirtschaftliche Situation. Eventuell mutieren sie sogar selbst zu Zombies. Damit breitet sich die Seuche weiter aus.

Das Gift der Zombieunternehmen wirkt aber noch viel schlimmer. Da es noch über geringe Liquidität verfügt, schafft es das Zombieunternehmen über eine lange Zeit, Waren zu bestellen und – wenn auch viel zu spät – zu bezahlen. Erst nach 1–2 Jahren tritt dann der endgültige Tod ein. Dann erst wird der Insolvenzantrag gestellt (früher oft von Krankenkassen oder Finanzämtern). Das ist der Moment, in dem das Gift zu wirken beginnt. Der Insolvenzverwalter ficht alle verspäteten Zahlungen an. Mitunter kann es sein, dass der redliche Unternehmer einen ganzen Jahresumsatz an den Insolvenzverwalter auskehren muss. Das kann zur eigenen Insolvenz führen. Jetzt erst wird das ganze Ausmaß der Seuche deutlich, denn nahezu jedes Unternehmen hat Umsätze mit Zombies getätigt.

Wegen der Tragweite und der langen Zeitspanne der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und der damit einhergehenden massiven Zombifizierung der Wirtschaft, ist damit zu rechnen, dass ein Milliardenschaden entstehen wird. Viele Unternehmen werden in den nächsten 1–2 Jahren nur deshalb in die Insolvenz geraten, weil sie zu viele Geschäfte mit Zombies getätigt haben.

Die Regierung hat das Problem der Verseuchung der Wirtschaft noch verschärft, indem sie die eigenen Beamten (Finanzbeamten) angewiesen hat, möglichst keine Insolvenzanträge zu stellen. So schaffen es die Zombieunternehmen noch länger, ihr Gift in der Wirtschaft zu verteilen. Zudem wurden Insolvenzanträge der Gläubiger (insbesondere der Krankenkassen) in dem Zeitraum vom 28.03.2020 bis zum 28.06.2020 von den Gerichten zurückgewiesen, weil der Gesetzgeber beschlossen hat, dass der Insolvenzgrund bereits vor dem 01.03.2020 vorgelegen haben muss. Auch dadurch konnten Zombies weiter Ihr Gift verteilen.

Heilmittel vorhanden

Während man im Mittelalter kein Heilmittel gegen die Pest hatte, stehen der Regierung heute eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, um den wirtschaftlichen Tod der Selbständigen und der Unternehmen zu verhindern. So hat sie auch bereits diverse Corona-Hilfspakete auf den Weg gebracht. Während die ersten Hilfspakete nicht den gewünschten Heilungseffekt hatten und viele Tode verursachten, werden die Hilfspakete inzwischen immer besser und präziser. Ziel muss es sein, erst gar keine Unternehmen sterben zu lassen. Ist ein Unternehmen jedoch gestorben, muss es auch so schnell wie möglich beerdigt werden – zum Schutze der gesunden Marktteilnehmer.

Durch die Nachbesserung der ersten Hilfspakete könnten viele Zombies wieder zu gesunden Marktteilnehmern gewandelt werden. Das würde den bereits vorhandenen Verseuchungsgrad erheblich senken.

Wirtschaftlicher Neuanfang möglich

Ob es ein Leben nach dem Tod gibt, darüber streiten sich die Gelehrten trefflich. Hier bestehen fast so viele Ansichten und Meinungen wie Menschen. Im Wirtschaftsleben jedenfalls gibt es ein Leben nach dem Tod: Darin sind sich die Fachleute einig. So hat der Gesetzgeber in der Insolvenzordnung verschiedene sehr gute Instrumente geschaffen, die einem wirtschaftlich darniederliegenden Unternehmen einen Neuanfang ermöglichen können. Für Selbständige gibt es die Freigabe der selbständigen Tätigkeit und für Unternehmen den Insolvenzplan oder den Kauf aus der Insolvenz (meist ein Asset-Deal). Dadurch kann ein Unternehmen, das eigentlich einen gewinnbringenden Geschäftsbetrieb hat, aber wegen der hohen Altschulden nicht existenzfähig ist, Schulden und Betrieb voneinander trennen und so wieder lebensfähig werden.

Die Regierung könnte statt zu verhindern, dass die Toten begraben werden, z.B. über die KfW einen Rettungsfonds auflegen. Dieser könnte den Unternehmen, die lediglich wegen der Pandemie in die Insolvenz geraten sind, zum einen ein Darlehen für einen Schuldenschnitt und zum anderen Liquidität für das Wiederanlaufenlassen des eigentlich gesunden Unternehmensmodells bereitstellen.

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