bitcoins und Insolvenzrecht

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Teil 2 – Kryptowährungen in der Insolvenz

Angesichts der Novellen ist es natürlich fraglich, wie im Falle einer Insolvenz mit Kryptowährungen zu verfahren ist und ob diese überhaupt in die Insolvenzmasse fallen und daraus auch verwendet werden können. Um diese Frage zu klären, müssen wir uns zunächst über die Definition einer Kryptowährung klar werden.

Versuch einer Definition der Kryptowährung

Als Beispiel kann die Leitwährung schlechthin, nämlich der Bitcoin, dienen. Als erstes wäre die Eigentumseigenschaft des Bitcoins zu klären; diese ist allerdings, anders als es auf den ersten Blick erscheint, gar nicht so einfach. Denn Eigentum setzt die Sachqualität gem. § 90 BGB voraus, die jedoch der virtuellen Eigenschaft des Bitcoins nach nicht vorhanden ist.

Aus dem Schuldrecht heraus käme noch vielleicht die Definition eines Computerprogramms, das wiederum auf einem Datenträger gespeichert wird, in den Sinn. Aber wie bereits angedeutet, der Bitcoin ist rein virtuell und auch ein externer Datenträger wie eine USB Stick Wallet ist nur das Speichermedium für die Schlüsseldateien, jedoch nicht für die Bitcoin-Münze selbst.

Mehr noch, dem Bitcoin liegt auch keine Forderungsinhaberschaft inne, da ein Forderungsgegner fehlt. Daher ist in Ermangelung anderer Alternativen nur die Einordung des Bitcoins als Immaterialgut möglich. Diese Immaterialgüter genießen weder einen gewerblichen noch einen urheberechtlichen Schutz. Vielmehr sind Bitcoins das Ergebnis aufwändiger Rechenprozesse, die durch dafür ausgestattete Computer, sogenannte „Miner“, durchgeführt werden. Aus der profanen Perspektive sind Bitcoins somit das Ergebnis erfolgter Rechenleistungen aus speziell zu diesem Zwecke gebauten Computern.

Fällt die Kryptowährung überhaupt unter die Insolvenzmasse?

Der Gesetzgeber definiert gem. § 35 InsO zunächst einmal unter die Insolvenzmasse das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Nun haben wir vorab festgestellt, dass Bitcoins weder im Eigentum des Insolvenzschuldners stehen noch Forderungen oder gar rechtliche geschützte Immaterialgüter. Und dennoch lassen sie sich verwerten, und zwar schuldrechtlich, womit sie einen Vermögenswert besitzen. Darüber hinaus verfügen Bitcoins, bedingt durch mehr oder weniger starke Nachfrage, über einen bestimmten kursabhängigen Wert. Daraus schlussfolgernd sind sie als ein Teil der Vermögensmasse anzusehen.

Wie lässt sich die neue Währung in der Insolvenz verwenden?

Dennoch muss ein Insolvenzverwalter die vertragliche Grundlage definieren, auf welcher sich die virtuelle Kryptowährung verwerten lässt. Da es dem Bitcoin an der Sachqualität mangelt, kommt ein Kaufvertrag nach § 433 Abs.1 BGB nicht infrage. Vielmehr erscheint die Lösung der Qualifizierung des Vertrages als Kauf eines „sonstigen Gegenstandes“ gem. § 453 Abs.1 BGB als passabel.

Dies resultiert aus dem Vertragszweck, nämlich der Verschaffung der Verfügungsmacht über die Bitcoins. Der normativen Definition folgend, sind mit sonstigen Gegenständen jene gemeint, die weder eine Sacheigenschaft besitzen, noch ein Recht sind, die jedoch im Wirtschaftsverkehr gegen Entgelt erworben werden können. Dies könnten zum Beispiel Ideen oder technisches Wissen sein. Diese Charakteristika wären auch bei Bitcoins anwendbar.

Nun ist der Insolvenzverwalter, nach der Feststellung und Hinzuzählung der Bitcoins zu der Insolvenzmasse, gem. § 159 InsO dazu verpflichtet, diese auch zu verwerten. Hierzu stehen verschiedenartige Optionen offen: ein Bitcoin-Marktplatz, eine Bitcoin-Börse und schlussendlich der freihändige Verkauf.

Der Bitcoin-Marktplatz

Hier hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, die Bitcoins zu verwerten. Allerdings erfolgt der Kauf und Verkauf der virtuellen Währung direkt zwischen den registrierten Nutzern des Bitcoin-Marktplatzes. Folglich fungiert der Online-Betreiber nur als Anbieter einer Plattform für die Geschäftsabwicklung. Die Übertragung der Währung erfolgt über eine sogenannte Wallet unter Angabe der Bitcoin-Adresse.

Und hier zeigt sich bereits ein Problem, denn der Insolvenzverwalter ist auf die Kooperation mit dem Schuldner angewiesen, denn er kann nicht wie bei einer klassischen Währung die Auszahlung des Betrages gegenüber dem Kontoanbieter verlangen. Insoweit muss der Schuldner den Zugang zu seinem Wallet bzw. seinen privaten Schlüssel freigeben. Erst danach kann ein Verkaufsangebot angelegt werden.

Vorteile dieses Vorgehens sind in den hohen Sicherheitsstandards der Marktplätze zu sehen und der Vielfalt verschiedener Offerten, woraus der Insolvenzverwalter die mit dem höchsten Kursniveau wählen kann. Allerdings ist Bitcoin recht starken Kursschwankungen unterworfen, so dass die Preise sich kurzfristig drastisch nach oben oder unten ändern können.

Bitcoin-Börsen

Hier werden die Währungen direkt vom Anbieter gekauft oder an diesen verkauft. Im Gegensatz zu einem Verkaufsangebot auf einem Bitcoin-Marktplatz besteht allerdings nicht die Möglichkeit, aus verschiedenen Kaufangeboten auszuwählen. Der Verkauf erfolgt automatisiert entsprechend dem aktuellen Bitcoin-Kurs.

Der freihändige Verkauf

Der „klassisch“ freihändige Verkauf von Bitcoins funktioniert über die Aufgabe einer Zeitungsannonce oder Ähnliches . Sind sich die Parteien einig, werden gegen Geld die Zugangsdaten des Wallets oder des privaten Schlüssels in verkörperter Form (beispielsweise Datenträger oder handschriftliche/ausgedruckte Form) herausgegeben. Diese Art der Verwertung kann ohne eine vorherige Registrierung bei entsprechenden Anbietern erfolgen. Außerdem werden für die Transaktion keine Gebühren erhoben.

Welche Besonderheiten gilt es zu berücksichtigen?

Bei der Wahl dieser Verkaufsmethode ist insbesondere darauf zu achten, dass die Zugangsdaten erst an den Käufer herausgegeben werden, wenn die Zahlung bereits erfolgt ist. Da der Gesetzgeber eine unverzügliche Verwertung verlangt, der Kurs des Bitcoins jedoch sehr stark schwanken kann, ist es empfehlenswert, bei einem zu starken Kursverlust abzuwarten, ob dieser sich nach ein paar Tagen wieder normalisiert.

Darüber hinaus müssen noch weitere insolvenzrechtliche Besonderheiten im Umgang mit dem Bitcoin berücksichtigt werden. Denn neben der grundsätzlichen Frage der Massezugehörigkeit können sich unter Umständen noch weitere Probleme ergeben. Dies wäre zum Beispiel die Geltendmachung von Aussonderungsrechten an Bitcoins durch Dritte. Darüber hinaus wäre auch eine Geltendmachung des Absonderungsrechts nach § 50 InsO möglich und daraus begründetes Pfandrecht nach § 1278 BGB.

Schlussendlich ist auch der Faktor Mensch zu berücksichtigen, denn hier muss auch der Insolvenzverwalter selbst in Erfahrung bringen, ob ein Schuldner in Besitz von Bitcoins ist oder ob er ihm diesen Umstand arglistig verschweigt.

Die Spezialisten der Kanzlei BRAUN um den Fachanwalt für Insolvenzrecht Sebastian Braun sind für Sie da.

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