Frau sitzt vor Laptop und ärgert sich über Insolvenz

Bildnachweis: Unsplash // Urheberrecht: Elisa Ventur

Zeit ist Geld, so lautet ein altes Sprichwort. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber die zur Verfügung stehende Arbeitszeit möglichst effektiv nutzen wollen. Der Erstbenannte, um im vorgegebenen Zeitrahmen den höchstmöglichen Ertrag für das Unternehmen herauszuholen, der Zweitbenannte um aus der von ihm dem Unternehmen zur Verfügung gestellten Zeit ebenfalls das Beste herauszuholen.

Dieser Artikel befasst sich mit dem Beispiel der Abgeltung von Urlaubstagen, deren Zeitpotential sich in bare Münze umwandeln lässt. Doch wie gestaltet sich die Situation für den Arbeitnehmer, wenn sein Arbeitgeber die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat? Über diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil vom 25.11.2021 zu dem Aktenzeichen 6 AZR 94/19 zu befinden.

Das ist passiert

Der Arbeitnehmer und spätere Kläger wurde von der Beklagten als damalige starke vorläufige Insolvenzverwalterin bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Beschäftigung herangezogen. Mit seiner Klage begehrte der Arbeitnehmer für die zum Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses noch nicht in Anspruch genommenen Urlaubstage die Zahlung einer Abgeltung in Höhe von 3.391,30 Euro brutto als Masseverbindlichkeit. Dies hat die Beklagte mit der Begründung abgelehnt, dass es sich bei den Ansprüchen nur um eine zur Insolvenztabelle anzumeldende Insolvenzforderung handeln würde.

Der Fall vor Gericht

Nachdem die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, hatte die Revision des Klägers vor dem Bundesarbeitsgericht schlussendlich Erfolg.  Dieses befand:

„Die streitbefangene Urlaubsabgeltung ist in voller Höhe als Masseverbindlichkeit zu berichtigen. § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO sieht die Begründung von Masseverbindlichkeiten vor, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

Entscheidet sich der starke vorläufige Insolvenzverwalter für die Inanspruchnahme der Arbeitskraft eines Arbeitnehmers, hat er alle Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis als Masseverbindlichkeiten zu erfüllen. Hiervon umfasst sind nicht nur Ansprüche, welche unmittelbar auf einer tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung beruhen, sondern auch solche, denen keine unmittelbare Wertschöpfung für die Masse gegenübersteht.“

Sowie: „Der vollen Berichtigung als Masseverbindlichkeit steht nicht entgegen, dass der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts bzgl. der vergleichbaren Regelung in § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO von einer nur anteiligen Zuordnung der geldwerten Urlaubsansprüche ausging (vgl. BAG 21. November 2006 – 9 AZR 97/06). Auf Anfrage des erkennenden Senats hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts erklärt, an dieser Auffassung nicht festzuhalten (BAG 16. Februar 2021 – 9 AS 1/21).“

Urlaub in der Insolvenz

Urlaubsansprüche bleiben zunächst grundsätzlich auch im Insolvenzverfahren erhalten. Die Urlaubsabgeltung im Zeitraum des sog. Insolvenzgeldes kann nicht aus dem Insolvenzgeld beglichen werden. Auch im Falle der Übernahme durch einen Insolvenzverwalter bleiben die Urlaubsansprüche weiter bestehen. Im Falle der Feststellung einer Masseunzulänglichkeit kann die Urlaubsabgeltung unter bestimmten Konstellationen unter die Neumasseverbindlichkeit fallen. Ob das jedoch im jeweiligen Fall auch so ist, sollte vorsorglich rechtskundig erörtert werden.

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