Eigenverwaltung Insolvenz

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Insolvenz im Do-it-yourself-Verfahren

Die Möglichkeiten der Eigenverwaltung und des Schutzschirms können mitunter zum nachhaltigen Erhalt eines Unternehmens beisteuern, was wiederum die Hoffnung auf einen Neuanfang weckt, statt Untergangsstimmung.

Die neue Insolvenzordnung

Das Jahr 1999 markierte eine neue Ära im Insolvenzrecht, bei der die alte Konkursordnung durch eine moderne Insolvenzordnung abgelöst wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurde ebenfalls die Möglichkeit ins Leben gerufen, dass ein Unternehmen sich im Rahmen eines sogenannten Eigenverwaltungsverfahrens selbst sanieren kann. Bei der Anwendung dieser Methode wird auf die Einsetzung eines Insolvenzverwalters verzichtet. Durch das sogenannte ESUG sollte zusätzlich die Eigenverwaltung gestärkt werden. Hierdurch sollten die Unternehmer motiviert werden, Insolvenzanträge frühzeitig zu stellen.

Was bietet das ESUG-Verfahren?

Das Instrument des ESUG ermöglicht es dem Schuldner, die Durchführung des Insolvenzverfahrens in Eigenverantwortung zu gestalten. Im Rahmen des sogenannten ESUG-Verfahrens, welches man auch als Sonder-Insolvenzverfahren bezeichnet, wird das Ziel verfolgt, das betroffene Unternehmen entweder unter einen Schutzschirm gem. § 270b InsO zu stellen oder im Rahmen einer Eigenverwaltung gem. § 270a InsO durch einen Insolvenzplan zu sanieren und das Verfahren von Beginn an mit den Hauptgläubigern im Rahmen eines Gläubigerausschusses gem. §§ 21, 22a InsO zu koordinieren und zu gestalten. Hierzu zählt ebenfalls das Recht zum Vorschlag eines bestimmten Insolvenzverwalters. Diese Regelung wird im § 56a InsO normiert.

Voraussetzungen für die Eigenverwaltung

Doch auch die Durchführung der Eigenverwaltung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. So kann die Eigenverwaltung im regulären Insolvenzverfahren und im Insolvenzplanverfahren, aber nicht im Verbrauchsinsolvenzverfahren nach 312 Abs. 2 InsO angeordnet werden. Indes sind die Voraussetzungen zur Anordnung einer Eigenverwaltung die Folgenden:

Sie muss seitens des Schuldners gem. § 270 Abs. 2 Nr.1 InsO beantragt worden sein. Darüber hinaus dürfen keine Umstände bekannt sein, die das Potenzial innehaben, dass die Anordnung zu wesentlichen Nachteilen der Gläubiger führen wird. Dies geht aus dem § 270 Abs.2 Nr.2 InsO hervor.

Dennoch besteht auch im Rahmen eines eröffneten Verfahrens die Möglichkeit zur nachträglichen Anordnung oder Aufhebung der Eigenverwaltung. Dies ist dann möglich, wenn die Gläubigerversammlung mit Summen- und Kopfmehrheit diese beantragt, oder durch einen Insolvenzgläubiger oder einen absonderungsberechtigten Gläubiger der glaubhafte Beweis beigebracht werden kann, dass ihm durch das Eigenverwaltungsverfahren erhebliche Nachteile drohen.

Diese Regelungen ergeben sich

Zudem ergibt sich aus dem ESUG eine neue Regelung, die es davor noch nicht gab, nämlich, dass diesmal im Gegensatz zu früher die Nachteile einer Eigenverwaltung nicht grundsätzlich zu unterstellen sind. Sie müssen vielmehr nunmehr glaubhaft gemacht werden. Unklarheiten über etwaige Nachteile gehen damit nicht mehr zulasten des Schuldners. Die Eigenverwaltung soll dennoch keinen Selbstzweck darstellen. Vielmehr wird der Antrag des Schuldners daran bemessen, dass die Gläubiger gegenüber dem Management des Schuldners Vertrauen haben. Dies geht zum Beispiel aus dem Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 01.06.2012 Aktenzeichen 73 IN 125/12 hervor.

Vorteile und weitere Optionen

So hat der Gesetzgeber mittels der Einführung des ESUG im Jahr 2012 viele lähmende Hindernisse im Rahmen einer Sanierung beseitigt und folgerichtig zu einer Erleichterung des Verfahrens an sich gesorgt. Die wichtigsten Neuerungen ergaben sich dabei im Bereich des Eigenverwaltungsverfahrens nach § 270a InsO. Dass das Konzept funktioniert, verrät ein Blick auf die Fakten. So wurden im Jahr 2017 rund mehr als die Hälfte der 50 größten Insolvenzverfahren im Rahmen eines Eigenverwaltungsprogramms durchgeführt. Doch davon ausgenommen sind oft kleinere Unternehmen, bei denen das Kosten-Nutzen-Risiko zu groß ist, sodass erst ab einer Größenordnung von 50 Mitarbeitern das Verfahren nachhaltig durchgeführt werden könne.

Darüber hinaus ergänzt das sogenannte Schutzschirmverfahren als weiteres Instrument im Insolvenzverfahren das Portfolio der Sanierungsmöglichkeiten. Diese im Zuge der ESUG-Einführung vom Gesetzgeber gem. § 270 b InsO eingeführte Verfahrensart ist im Wesentlichen ein Eigenverwaltungsverfahren. Es hat dabei einen wesentlichen Unterschied in den Voraussetzungen, nämlich den, dass dem betroffenen Unternehmen dieses Instrument nur zur Verfügung steht, wenn es nur drohend zahlungsunfähig ist. Voraussetzung für das Schutzschirmverfahren ist, dass seitens eines Dritten ein Gutachten erbracht wird, aus dem hervorgeht, dass das Unternehmen auch nachweisbar nur drohend zahlungsunfähig und eine Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.

Insolvenz bedeutet nicht gleich das Aus

Die beiden vorgestellten Instrumente im Rahmen des Insolvenzverfahrens zeigen auf, dass es durchaus möglich sein kann, ein Unternehmen nachhaltig zu sanieren, und eine Insolvenz nicht den Exitus für das Selbige bedeuten muss. Dennoch sollte abschließend erwähnt werden, dass die Anordnung eines Eigenverwaltungsverfahrens auch versagt werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn eine Insolvenzverschleppung vorliegt. Beispielsweise bei Nichtzahlung von Sozialversicherungsabgaben, Steuern oder sonstigen Verbindlichkeiten über einen längeren Zeitraum hinweg und wenn das Unternehmen sich aus diesem Grund in der Zahlungsunfähigkeit befindet.

Eine Unternehmensinsolvenz ist nicht nur für die betroffenen Geschäftsführer belastend oder gar existenzbedrohend, sondern gleichfalls für Angestellte. Deshalb gilt es im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, unabhängig der infrage kommenden Methode, sich professionelle Unterstützung zu holen, um alle Möglichkeiten zum eigenen Vorteil nutzen sowie sämtliche Risiken sicher zu umschiffen. So bedeutet das Insolvenzverfahren nicht das Ende, sondern einen Neubeginn für alle Beteiligten.

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