Keine Auszahlung der Mietkaution an den Insolvenzverwalter
Wenn der Mieter einer Wohnung Insolvenz anmeldet, steht der Vermieter oft vor einer Reihe offener Fragen. Eine zentrale Frage lautet dabei: An wen sollte er sich nun wenden – an den Mieter selbst oder an den Insolvenzverwalter? Dabei spielen mehrere Aspekte eine Rolle:
- Wem steht ein mögliches Betriebskostenguthaben zu?
- Wer hat das Recht, das Mietverhältnis zu kündigen?
- Wem muss die Kündigung zugestellt werden?
Besonders wichtig für Vermieter ist die Frage, wer nach Beendigung des Mietverhältnisses die Mietkaution erhält. Kann der Mieter aufgrund von Schulden, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, überhaupt gekündigt werden?
Was ist die Enthaftungserklärung?
Ein entscheidender Punkt in diesem Zusammenhang ist die sogenannte „Enthaftungserklärung“ (auch Freigabe des Mietverhältnisses genannt), die der Insolvenzverwalter abgeben kann. Erklärt der Insolvenzverwalter, dass er das Mietverhältnis des Schuldners nicht fortführen will, wird der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Mietkaution aus der Insolvenzmasse freigegeben – vorausgesetzt, die Kaution übersteigt nicht die gesetzlich zulässige Höhe.
Die BGH-Leitentscheidung vom 16.03.2017
Mit einer Leitentscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 16.03.2017 (Az.: IX ZB 45/15, LG Karlsruhe) für klare Verhältnisse gesorgt. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
- Im am 19.10.2012 eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners gab der Treuhänder am 24.12.2012 gegenüber dem Vermieter eine Enthaftungserklärung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO ab.
- Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens endete auch das Mietverhältnis.
- Der Vermieter überwies die hinterlegte Mietkaution samt Zinsen an den Treuhänder.
- Der Treuhänder beantragte eine Nachtragsverteilung über das Kautionsguthaben, was das Insolvenzgericht jedoch ablehnte.
Kernaussagen der BGH-Entscheidung
Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Insolvenzverwalter die Rückzahlung der Mietkaution nicht mehr verlangen kann, sobald er gegenüber dem Vermieter eine Enthaftungserklärung abgegeben hat. Eine Nachtragsverteilung kommt in einem solchen Fall nicht mehr in Betracht.
Die Begründung des BGH:
- Die Mietkaution unterliegt nicht mehr der Insolvenzmasse, sobald der Insolvenzverwalter sie durch die Enthaftungserklärung „freigibt“.
- Der Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution entsteht grundsätzlich zu Beginn des Mietverhältnisses, wird jedoch erst mit der Beendigung des Mietverhältnisses fällig.
Auswirkungen der Entscheidung auf die Praxis
Mit der Freigabe des Mietverhältnisses kann der Insolvenzverwalter nicht mehr auf Vermögenswerte zugreifen, die mit dem Mietverhältnis in Zusammenhang stehen, wie z. B. die Mietkaution oder ein Betriebskostenguthaben. Diese Rechtsauffassung wurde bereits in einer BGH-Entscheidung vom 22.05.2014 hinsichtlich des Betriebskostenguthabens bestätigt und nun auch auf die Mietkaution angewandt.
Nach Ablauf der Frist gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO kann der Schuldner wieder selbst über das freiwerdende Kautionsguthaben verfügen.
Fazit: Klarheit für Vermieter und Mieter
Mit dieser Entscheidung schafft der BGH Klarheit und unterstreicht, dass durch die Enthaftungserklärung der Schuldner wieder die Kontrolle über bestimmte Vermögenswerte erlangt, während der Insolvenzverwalter keine Ansprüche mehr geltend machen kann. Die Einschränkung, dass dies nur für die gesetzlich zulässige Höhe der Mietkaution gilt, wird in der Praxis wohl selten von Bedeutung sein.
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