Mann stapelt Münzen vor sich auf dem Tisch

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Der Eingehungsbetrug nach § 263 StGB

Der berühmte irische Schriftsteller Oscar Wilde bezeichnete den Besitz von Geld folgendermaßen: „Als ich klein war, glaubte ich, Geld sei das Wichtigste im Leben. Heute, da ich alt bin, weiß ich: Es stimmt.“ Nun dies war eine Erkenntnis, die man mit dem § 275 BGB, „Geld hat man zu haben“, nicht treffender formulieren könnte. Doch was bedeutet diese Regelung nun konkret?

Sie bedeutet, dass Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung als solche zwar nicht strafbar sind, der sogenannte Eingehungsbetrug ist es aber durchaus. So kehren wir noch einmal zu Oscar Wilde zurück, der als Dandy jenen Typus verkörperte, für den Schulden und insbesondere Spielschulden quasi zum guten Ton und Lebensstil gehörten, wie sein weiteres Bonmot verrät: „Nur Menschen, die ihre Rechnungen bezahlen, brauchen Geld, und ich bezahle meine nie“.

Was ist Eingehungsbetrug?

Treffender und geistreicher könnte man den Eingehungsbetrug kaum beschreiben, der den Kern der Sache offenlegt. Wie in einem anderen Artikel beschrieben, ist es heute, im Gegensatz zu früher, grundsätzlich nicht mehr strafbar, wenn Schuldner ihre Verbindlichkeiten nicht mehr zahlen können. Sie bleiben von der Inhaftierung in einen Schuldturm verschont. Heute müssen Gläubiger ihre Forderungen auf dem zivilrechtlichen Wege durchsetzen, zum Beispiel durch ein gerichtliches Mahnverfahren oder im Zuge einer Klage. Eine strafrechtliche Verfolgung von zahlungsunfähigen und überschuldeten Personen kommt grundsätzlich nicht in Betracht.

Dies eröffnet einem Personenkreis mit unlauteren Absichten die Möglichkeit, vorsätzlich Verbindlichkeiten einzugehen, obwohl sie diese zu keinem Zeitpunkt erfüllen konnten oder gar wollten. Diese Lücke wird jedoch von dem sogenannten Eingehungsbetrug (§ 263 StGB) geschlossen. Denn wer einen Vertrag abschließt, verpflichtet sich, diesen auch zu erfüllen sowie seinen Zahlungsverbindlichkeiten aus diesem nachzukommen. Geld hat man eben zu haben.

Was sind mögliche Tatkostellationen?

Da der Eingehungsbetrug als solcher im Strafrecht keinen eigenen Tatbestand darstellt, sondern unter den Betrug gem. § 263 StGB subsumiert wird, müssen somit dessen Voraussetzungen vorliegen. Ein typisches und häufiges Beispiel für so eine Fallkonstellation bilden Warenbestellungen mit der Absicht, erst gar nicht bezahlen zu wollen. Das Problem tritt insbesondere bei Bestellungen in Onlineshops auf.

Diese Straftat beinhaltet einen objektiven sowie einen subjektiven Tatbestand. Objektiv erfordert der Eingehungsbetrug gemäß Strafgesetzbuch Folgendes:

  1. Täuschungshandlung
    Bei jedem Betrug besteht die Tathandlung in einer Täuschung. Wer einen Vertrag abschließt, weckt bei seinem Vertragspartner das Vertrauen, dass dieser auch seinen Vertragspflichten nachkommen wird. Der Onlineshop-Kunde, der auf „Kaufen“ klickt, täuscht den Händler darüber, dass er zahlen wird.
  2. Erregen oder Unterhalten eines Irrtums
    Hier irrt der Versandhändler. Der „Käufer“ hatte schließlich niemals vor, seinen Teil des Vertrags zu erfüllen.
  3. Vermögensverfügung
    Im Vertrauen darauf, dass der Kunde den Kaufpreis überweisen wird, schickt der Versandhändler diesem die bestellte Ware zu.
  4. Vermögensschaden
    Infolge der unbezahlten Lieferung entsteht dem Verkäufer ein Schaden: Er liefert das bestellte Produkt, ohne je den Kaufpreis als Gegenleistung zu erhalten.

Treffender fasst es das OLG Hamm im Leitsatz zu seinem Urteil, Aktenzeichen: 4 Ss 60/96, zusammen:
Für den Betrugsvorsatz genügt es in den Fällen der Vermögensgefährdung / beim Eingehungsbetrug, wenn der Täter die Umstände kennt, die die Vermögensgefährdung begründen, mag er auch darauf vertrauen, dass die Gefährdung nicht zu einem Verlust führen werde.

Spitzzüngig und abschließend formuliert, könnte man attestieren, dass Oscar Wilde den Eingehungsbetrug zu eine Art Lebensphilosophie erhoben hat.

Eingehungsbetrug: Fahrlässigkeit oder Vorsatz?

Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass ein Eingehungsbetrug bereits dann vorliegt, wenn man weiß, dass man Liquiditätsprobleme hat, und es für möglich hält, zum Zeitpunkt der Zahlungspflicht nicht über ausreichend Geld zu verfügen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein größerer Gläubiger schon einen Titel hat und die Kontopfändung kurz bevorsteht. Diese Personen finden sich letztlich damit ab, dass der Vertragspartner einen Zahlungsausfall erleiden könnten. Das begründet im Deutschen Recht den sogenannten bedingten Vorsatz.

Personen, die sich langsam Richtung Zahlungsunfähigkeit bewegen, erkennen oft den Zeitpunkt nicht, an dem Sie eine bestellte Leistung nicht mehr bezahlen können. Das führt zu Beginn der Liquiditätsverschlechterung noch nicht zu einer Betrugshandlung, da der Schuldner noch darauf hoffen kann, dass ausreichend Geld vorhanden ist. Dies nennt der Jurist Fahrlässigkeit. Da der Liquiditätsverschlechterungsprozess sehr schleichend ist, verschwimmen die Grenzen, sodass der Weg von der Fahrlässigkeit- zur Vorsatztat nicht genau abgegrenzt werden kann.

Der Staatsanwalt wird die Grenze naturgemäß weiter in die Vergangenheit verschieben, was zu einer frühzeitigeren Betrugstat führen würde. Hier kann nur ein Fachanwalt für Strafrecht oder, sofern Sie insolvent sind, ein Fachanwalt für Insolvenzrecht helfen. Kontaktieren Sie bei Fragen zu diesem Thema gerne die Kanzlei BRAUN.

Sollten Sie bereits von einer Insolvenz bedroht oder gar unmittelbar betroffen sein, wird Ihnen die Schuldnerberatung der Kanzlei BRAUN mit ihrem langjährigen und praxiserprobten Know-how einen Weg durch die und aus der Krise zeigen. Vereinbaren Sie einen Termin in einem der Standorte: