Schreibmaschine mit Schriftzug Insolvenz

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Betriebserwerber haftet nicht für Betriebsrentenanwartschaften in der Insolvenz

Erwirbt ein Interessent einen Betrieb oder einen Teil davon in der Insolvenz, haftet er nach § 613a Abs. 1 BGB für Ansprüche der übergegangenen Arbeitnehmer auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur zeitanteilig für die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgelegte Dauer der Betriebszugehörigkeit.

Für die Leistungen, die auf Zeiten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruhen, haftet er auch dann nicht, wenn für diesen Teil der Betriebsrente nach dem Betriebsrentengesetz der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) – der gesetzlich bestimmte Träger der Insolvenzsicherung – nicht vollständig eintritt. Das hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 26.01.2021, Aktenzeichen: 3 AZR 139/17, entschieden.

Der Fall

In dem zugrunde liegenden Fall hatten zwei Kläger ihre Ansprüche auf Altersversorgung gerichtlich geltend machen wollen. Den beiden Klägern wurden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesprochen. Nach der Versorgungsordnung wird die Betriebsrente nach der Anzahl der Dienstjahre und darüber hinaus nach zu einem bestimmten Stichtag vor dem Ausscheiden erzielten Gehalt berechnet.

Über das Vermögen der Arbeitgeberin der beiden Kläger wurde indes am 1. März 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im April 2009 ging der Betrieb nach § 613a Abs. 1 BGB auf die Beklagte über. Infolgedessen sei ein Streit um Betriebsrenten gegen den Betriebsübernehmer nach Insolvenz entstanden.

Kläger Nummer eins

Einer der beiden Kläger erhält seit August 2015 von der Beklagten eine Betriebsrente von rund 145,00 Euro und vom PSV eine Altersrente von ca. 817,00 Euro. Bei der Berechnung legte die Beklagte zwar die Versorgungsordnung einschließlich des zum maßgeblichen Stichtag vor dem Versorgungsfall bezogenen höheren Gehalts zugrunde, ließ aber den Anteil an der Betriebsrente, der vor der Insolvenz verdient war, außer Betracht.

Der PSV setzte dagegen – wie im Betriebsrentengesetz vorgesehen – das zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgeblich niedrigere Gehalt des Klägers an. Der Kläger hält die Beklagte jedoch für verpflichtet, ihm eine höhere Betriebsrente zu gewähren. Diese müsse sich nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung auf der Basis des höheren Gehalts unter bloßem Abzug des Betrags errechnen, den er vom PSV erhalte.

Kläger Nummer zwei

Der andere Kläger wiederum verfügte bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht über eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft. Daher steht ihm bei Eintritt eines Versorgungsfalls nach dem Betriebsrentengesetz kein Anspruch gegen den PSV zu. Er hält die Beklagte für verpflichtet, ihm künftig eine Betriebsrente in voller Höhe zu gewähren.

Das Urteil

Die Klagen wurden von den Vorinstanzen abgewiesen. Die Revisionen der beiden Kläger hatten vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Nach der – in Hinblick auf die besonderen Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts einschränkenden – Auslegung von § 613a Abs. 1 BGB durch die deutschen Arbeitsgerichte, können die Kläger mit ihren Klagebegehren nicht durchdringen. Danach haftet ein Betriebserwerber in der Insolvenz nicht für Betriebsrentenanwartschaften, die im Sinne von § 108 Abs. 3 Insolvenzordnung für die Zeit vor Insolvenzeröffnung entstanden.

Diese Rechtsprechung geht konform mit dem Unionsrecht. Sie rechtfertigt sich nach der allgemeinen Regelung des Art. 3 Abs. 4 Richtlinie 2001/23/EG, der auch neben den nur in der Insolvenz geltenden Bestimmungen in deren Art. 5 anwendbar bleibt. Voraussetzung ist hierbei, dass ein entsprechender Mindestschutz gem. Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG gewährt wird. Dieser unionsrechtlich gebotene Mindestschutz wird in der Bundesrepublik Deutschland durch einen unmittelbar aus dem Unionsrecht folgenden und gegen den PSV gerichteten Anspruch gewährleistet. Eine Haftung des Erwerbers scheidet deshalb aus.

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