Bei Insolvenz des Reiseveranstalters sind Reisegutscheine abgesichert
Der vorliegende Fall hat sich zwar vor der weltweiten Corona-Pandemie ereignet, dennoch ist gerade die Reisebranche, aufgrund der vorherrschenden gesundheitlichen Umstände, überdurchschnittlich häufig von einer Insolvenzwelle betroffen. Aktuell warnt das Auswärtige Amt vor nicht notwendigen, touristischen Reisen ins Ausland – ausgenommen davon sind die meisten Länder der Europäischen Gemeinschaft, die Schweiz, Island, Liechtenstein und Großbritannien. Dennoch ist das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 22.02.2018 Aktenzeichen 30 C 3256/17 (71) in gewisser Weise wegweisend für die Rückerstattung von Reisekosten auf Gutscheinbasis während der nun andauernde Corona-Pandemie.
Der Fall
Also kehren wir kurz in die „gute alte Zeit“ zurück und betrachten die Grundlage für die Urteilsfindung durch die Frankfurter Richter aus dem Jahr 2018. Die spätere Klägerin erwarb einen Reisegutschein im Wert von 428 Euro für eine Flugreise nach Rom für zwei Personen mit Doppelzimmer in einem Vier-Sterne-Hotel. Daraufhin erhielt die Klägerin eine Buchungsbestätigung sowie einen Sicherungsschein, der die spätere Beklagte als Reisepreisversicherin auswies.
Vor der geplanten Reise teilte die Reiseveranstalterin der Klägerin mit, dass die Reise storniert und über das Vermögen der Reiseveranstalterin das Insolvenzverfahren angeordnet wurde. Hierauf nahm die Klägerin die Reiseveranstalterin als Reisepreisversicherin in Anspruch. Diesem Begehren entgegnete diese, dass ein Versicherungsfall gar nicht eingetreten sei, da die Klägerin in Wirklichkeit keine Reise bezahlt, sondern diese lediglich mit einem Gutschein beglichen habe.
So ist die Reiseveranstalterin der Ansicht, dass nur ein real beglichener Reisepreis den Schutz einer Kundengeldabsicherung genieße, wovon Reisegutscheine und Rabatte ausgenommen seien, da ihnen keine Zahlung gegenüberstehe.
Das Urteil
Das sah das Amtsgericht Frankfurt allerdings anders und gab der Klage vollumfänglich statt. In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass eine Reisepreisabsicherung den Zweck erfülle, den konkreten Schaden abzudecken, wenn eine Insolvenz des Reiseveranstalters eintrete.
Insoweit ein Reiseveranstalter und ein Reisepreisabsicherer einen Gutschein nach § 364 BGB als Zahlung akzeptieren würden, sei dieser Gutschein einer Zahlung gleichzustellen und im Insolvenzfall müsse der Reisepreisversicherer in der gleichen Weise zahlen wie dies bei einer direkten Zahlung der Fall gewesen wäre. Soweit also das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main.
Bezug zur aktuellen Lage
Die heutige Lage ist freilich eine andere. Aus der Angst heraus, dass Urlauber wegen geplatzten Pauschalreisen Geld zurückverlangen könnten und es folglich zu einer Pleitewelle der Reiseveranstalter kommen würde, hat der Bundestag nun die Gutscheinlösung am 02.07.2020 beschlossen. So dürfen Reiseveranstalter, die ihren Kunden wegen einer Corona-bedingt geplatzten Pauschalreise ansonsten Geld zurückzahlen müssten, ihren Kunden als Alternative einen Gutschein anbieten.
Dabei steht es den Kunden in ihrer Entscheidung frei, ob sie sich für eine Rückzahlung des bereits geleisteten Geldbetrages oder für einen Gutschein entscheiden. Eine ursprünglich geplante Gutscheinpflicht, die den Zweck erfüllen sollte, Insolvenzen in der Reisebranche zu vermeiden, soll hingegen nicht eingeführt werden. Diese scheiterte nämlich am Widerstand der Brüsseler EU-Kommission. Verbraucher, die vor dem 08.03.2020 eine Pauschalreise gebucht haben, erhalten die Möglichkeit, einen Gutschein zu wählen, dessen Wert auch im Falle der Insolvenz des Reiseveranstalters staatlich abgesichert ist.
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