Münzen und Geldscheine neben einer Kasse

Wenn der Insolvenzverwalter die Lebensrisikoversicherung anficht

Das Leben selbst ist nicht immer gerecht und wenn ein geliebter Mensch auf dramatische Weise verstirbt, so bleibt bei manchen zumindest als schwacher Trost eine finanzielle Absicherung als Fürsorge für seine Nächsten über seinen Tod hinaus bestehen, so die Grundidee. Dass es im Rahmen eines Insolvenzverfahrens jedoch anders laufen kann, hat der BGH in seinem Urteil vom 24.03.2024 zu dem Aktenzeichen IX ZR 159/15 befunden. 

Was ist passiert?

Mittelpunkt und Ausgang des vor dem BGH verhandelten Rechtsfalles bildet der Nachlass von S., dessen Insolvenzverfahren nach seinem tragischen Tod im Jahr 2012 eröffnet wurde. Hier tritt der Insolvenzverwalter als Kläger auf, während die Beklagte keine Geringere als die Witwe des Verstorbenen ist. Bereits 1997 hatte der verstorbene S. eine Risikolebensversicherung abgeschlossen, bei der seine Ehefrau als unwiderrufliche Bezugsberechtigte eingetragen wurde. Kurz vor seinem Tod änderte S. jedoch die Bezugsrechtsregelung: 70 % der Versicherungssumme sollten nun an seine Witwe gehen, während die verbleibenden 30 % auf die drei gemeinsamen Kinder verteilt werden sollten. In einem Abschiedsbrief nannte er seine Überschuldung als Grund für seinen Tod. Nach dem tragischen Tod von S. schlug seine Witwe das Erbe aus.

Wie ging es weiter?

Der Insolvenzverwalter verlangt nun die Rückzahlung der an die Witwe ausgezahlten Versicherungssumme, da diese als anfechtbare Rechtshandlung gemäß § 134 InsO gilt. Das Landgericht und später auch das Berufungsgericht gaben der Klage Recht.

Die Beklagte beruft sich ihrerseits auf eine Entreicherung: Sie habe bereits erhebliche Beträge an ihre Familie gezahlt und die Bestattungskosten des Verstorbenen übernommen. Doch sowohl das Berufungsgericht als auch der Bundesgerichtshof wiesen dieses Argument zurück. Sie entschieden, dass die Witwe durch den Abschiedsbrief von den finanziellen Schwierigkeiten ihres Mannes wusste und somit hätte erkennen können, dass jede unentgeltliche Zuwendung die Gläubiger benachteiligte.

Juristisch stützt sich das Gericht auf verschiedene Paragrafen der Insolvenzordnung und des Bürgerlichen Gesetzbuches, um die Anfechtbarkeit der Zuwendung zu begründen. Die Witwe hatte spätestens seit dem Abschiedsbrief Kenntnis von der Überschuldung ihres Mannes. Da sie die Versicherungsleistung ohne Gegenleistung erhielt, war sie gemäß § 143 Abs. 2 InsO verpflichtet, die unentgeltliche Leistung herauszugeben. Der Bundesgerichtshof entschied, dass sie nicht berechtigt war, ihre Ausgaben für die Bestattungs- und Grabsteinkosten von der an den Insolvenzverwalter zurückzuzahlenden Versicherungsleistung abzuziehen. 

Das Urteil

Schlussendlich entschied der Bundesgerichtshof, dass die Revision der Beklagten keinen Erfolg hat und die Klage des Insolvenzverwalters gerechtfertigt ist. Die Witwe muss die ausgezahlte Versicherungssumme zurückzahlen, da sie wusste oder hätte wissen müssen, dass die Zuwendung die Gläubiger benachteiligt.

Dieser Rechtsstreit verdeutlicht die Herausforderungen und die Komplexität, die mit Erbschaftsangelegenheiten in Insolvenzfällen einhergehen, sowie die Notwendigkeit, die Interessen der Gläubiger zu schützen. Mehr zum Schutz von Lebensversicherungen können Sie unter: https://kanzlei-braun.net/der-fels-in-der-brandung-oder-der-brand-auf-dem-felsen-schutz-von-lebensversicherungen-vor-der-pfaendung/ lesen.

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