Wäre die Unternehmenslandschaft in Deutschland eine Wetterkarte, so müsste man eine Unwetterwarnung der Stufe 4 ausrufen, denn im Jahre 2019 tobte und tobt weiterhin ein Sturm über Deutschland. Dieser Insolvenz-Tsunami scheint auch vor den Großen der Branche nicht halt zu machen – und er wird sich ebenfalls im Jahre 2020 voraussichtlich fortsetzen.
Das Beispiel NatGAS
Die Handelsgesellschaft NatGAS AG hat am 26. September 2019 beim Amtsgericht Potsdam die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Wie das Gericht mitteilte, wurde Rechtsanwalt Christoph Schulte-Kaubrügger von der Kanzlei White & Case zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Eine Sprecherin des Unternehmens betonte auf Anfrage, dass es sich um ein vorläufiges Insolvenzverfahren handle und der Geschäftsbetrieb aufrechterhalten werde. Das Unternehmen bemühe sich um eine Fortführung. Unbestätigten Gerüchten zufolge fehlen dem Unternehmen 20 Mio. Euro an kurzfristigen Krediten.
So lautete eine der vielen Meldungen über die Auswirkungen der großen Insolvenzwelle, die derzeit über Deutschland hinwegfegt. Dabei waren die Zahlen der NatGAS Aktiengesellschaft überaus stabil, das Geschäftskonzept vielversprechend. In der Selbstbeschreibung des Unternehmens heißt es:
NatGAS Aktiengesellschaft ist ein unabhängiges international agierendes Energieunternehmen mit Sitz in Potsdam. Es ist auf maßgeschneiderte, innovative Lösungen und Dienstleistungen zur Energiekostenoptimierung spezialisiert und im Handel von Gas und Strom tätig. Zu den Kunden gehören mittelständische und große Unternehmen, international tätige Konzerne aus den Bereichen Industrie, Gewerbe und Dienstleistung sowie Unternehmen der Landwirtschaft. Zudem werden Stadtwerken, Regionalversorgern, Kraftwerken und Weiterverteilern energienahe Services angeboten. Im Geschäftsjahr 2018 setzte NatGAS ca. 165 Terawattstunden (TWh) Gas und Strom ab und erwirtschaftete dabei einen Umsatz von mehr als 3,6 Milliarden Euro.
Die allgemeine Lage im Jahr 2019
Und dennoch ist auch die NatGAS AG, wie viele andere bekannte und große Unternehmen nicht von der Insolvenz verschont geblieben. Die Geschichte der Firma ist indes bezeichnend und steht als pars pro toto für den derzeit stattfindenden beunruhigenden Trend der Großinsolvenzen.
Bestätigt wird dies durch die Analyse von Kreditversicherern wie EULER HERMES, die besonders viele Großunternehmen in Deutschland unter den Insolvenzen für das Jahr 2019 hervorhebt. Die Liste der Pleitiers wird dabei von illustren Namen geführt wie Gerry Weber, Thomas Cook, Germania oder Senvion – insgesamt 27 Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro per anno sind demnach den ersten neun Monaten des Jahres 2019 in die Insolvenz gerutscht. Damit hat sich die Zahl der Insolventen Unternehmen hierzulande in diesem Zeitraum fast verdoppelt.
Das vierte Quartal, in welches die Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook und das Schutzschirmverfahren von Condor fallen, lässt jegliche Hoffnung auf das Abklingen des Trends zerplatzen. In den ersten acht Monaten des Jahres wurden die meisten Insolvenzen im Energie- (NatGAS AG u.a.) und Bildungssektor verzeichnet. Aber auch Unternehmen der Agrarwirtschaft wurden von der Insolvenzwelle erfasst. Darunter waren ebenfalls Big Player wie der Autozulieferer Eisenmann, die Fluggesellschaft Germania. Loewe, Kettler und Beate Uhse meldeten bereits zum zweiten Mal Insolvenz an.
Das übergreifende Problem
„Das wirklich Dramatische an diesen großen Insolvenzen ist der Dominoeffekt auf viele Unternehmen in der gesamten Lieferkette“, gibt Ron van het Hof, Chef von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz, zu verstehen. Denn es sei klar, dass auch andere Unternehmen wie Zulieferer oder Subunternehmer, die mit den Großen der Branche arbeiteten, selbst von der Insolvenz erfasst werden könnten.
Die Gründe für diese dramatischen Entwicklungen liegen zum größten Teil in einem enormen Strukturwandel, der entweder durch die digitale Transformation oder durch Nachhaltigkeitsrichtlinien bedingt sei. Die Auto- und Chemieindustrie sowie dem Maschinenbau würden zudem eine schwache Nachfrage sowie teilweise „Profitabilitäts- und Liquiditätsprobleme“ beklagen. Verbrauchernahe Branchen wiederum hätten mit geringen Margen zu kämpfen.
Die Prognose
Auch wenn der Trend erschreckend sein mag, so geht der Kreditversicherer nach eigener Einschätzung davon aus, dass er nicht steigen, sondern gegenüber dem Vorjahr stabil bleiben wird. Diese Prognose mag wenig beruhigen, schließlich zieht eine Insolvenz von großem Maßstab stets eine Vielzahl an Betroffenen mit ins Verderben – seien es Kunden, Zulieferer, Subunternehmern oder angestellte Arbeitnehmer, die am Ende den Verlust ihres Arbeitsplatzes hinzunehmen haben.
Mit über zehn Jahren Expertise im Insolvenzrecht gilt die Kanzlei BRAUN inzwischen national und international als einer der ersten Ansprechpartner in Insolvenzfragen. Gerne erarbeiten wir mit Ihnen in einem persönlichen Gespräch eine passende Lösung.
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