Bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder während der Laufzeit einer Abtretungserklärung stellt sich die Frage nach der Erwerbsobliegenheit des Schuldners, insbesondere wenn dieser Altersrente bezieht. Nach § 295 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO) entfällt für Rentenempfänger die Pflicht zur Erwerbstätigkeit grundsätzlich. Diese Regelung bedeutet, dass Rentner während des Bezugs ihrer Altersrente nicht verpflichtet sind, einer Arbeit nachzugehen, um ihre Gläubiger zu befriedigen. Wird jedoch neben dem Rentenbezug eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt, greift eine spezielle Vorschrift: § 850a der Zivilprozessordnung (ZPO). Diese Regelung erlaubt es dem rentenbeziehenden Schuldner, einen Antrag auf teilweise Pfändungsfreiheit der zusätzlichen Einkünfte aus seiner selbstständigen Tätigkeit zu stellen. Konkret kann bis zur Hälfte des zusätzlichen Erwerbs von der Pfändung freigestellt werden. Dies hat der BGH mit seinem Beschluss vom 26.06.2014 zu dem Aktenzeichen IX ZB 87/13 hervorgehoben.
Was geschehen ist
Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ging der nachfolgend dargelegte Fall voraus: Der 1941 geborene Schuldner, der bis Januar 2010 als Anwalt und Notar tätig war, bezog verschiedene Renten und Versorgungsbezüge. Nach Aufgabe seiner beruflichen Tätigkeit erhielt er eine gesetzliche Rente, Bezüge aus der Anwaltsversorgung sowie eine private Rente, die zusammen monatlich 1.147,12 € betragen haben. Am 18. April 2011 wurde auf seinen Eigenantrag hin das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt.
Der Schuldner, mittlerweile als freiberuflicher Unternehmensberater tätig geworden, hatte sodann aufgrund der entstehenden Kosten für Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherung sowie der Betriebsausgaben und Steuervorauszahlungen beantragt, monatlich 2.191,67 € beziehungsweise vierteljährlich 6.575 € pfandfrei zu belassen. Zusätzlich forderte er, aufgrund seiner überobligatorischen Anstrengungen, eine monatliche Freistellung von 300 € beziehungsweise 900 € vierteljährlich. Weiterhin beantragte er, gemäß § 850a Nr. 1 ZPO, die Hälfte seines Einkommens aus Mehrarbeit unpfändbar zu stellen.
Das Insolvenzgericht entschied, dass dem Schuldner von seinen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit, die zur Deckung der berufsbedingten Ausgaben notwendigen Beträge pfandfrei zu belassen seien, jedoch maximal 7.454 € pro Quartal, einschließlich der monatlichen Zusatzvergütung von 300 €. Der weitergehende Antrag wurde abgelehnt. Eine sofortige Beschwerde des Schuldners blieb erfolglos.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte der Schuldner sein Anliegen weiter.
BGH-Entscheidung zur Pfändungsfreiheit von Einkünften
Im Zuge der Entscheidung formulierte der BGH in seinem Beschluss sodann die zugrunde liegende Entscheidung wie nachfolgend aus: Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gehören sämtliche Einnahmen eines selbständig tätigen Schuldners zur Insolvenzmasse. Allerdings können Schuldner gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 der Insolvenzordnung (InsO) in Verbindung mit § 850i Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) beantragen, dass ein Teil ihrer Einkünfte aus Vergütungsansprüchen gegen Dritte pfandfrei bleibt. Auf Antrag hat das Gericht dem Schuldner so viel zu belassen, wie dieser für seinen notwendigen Unterhalt während eines angemessenen Zeitraums benötigt.
Dabei darf der freigestellte Betrag nicht höher sein als das, was einem Schuldner aus Arbeitseinkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn nach freier Schätzung des Gerichts verbleibe. Für Arbeitnehmer regelt § 850a Nr. 1 ZPO, dass Teile des Arbeitseinkommens, die für Mehrarbeitsstunden gezahlt werden, zur Hälfte unpfändbar sind. Diese Regelung soll Anreize schaffen, durch Mehrarbeit zusätzliche Einnahmen zugunsten der Gläubiger zu erwirtschaften. Diese Vorschriften können auch für Schuldner Anwendung finden, die aufgrund ihres Alters nicht mehr zur Erwerbsarbeit verpflichtet sind. Entscheiden sich diese dennoch, einer Tätigkeit nachzugehen, sollte ihnen dies ebenfalls zugutekommen. Die Möglichkeit, einen Teil ihrer Einkünfte pfandfrei zu stellen, bietet somit einen wichtigen finanziellen Schutz und fördert die Motivation, auch im höheren Alter noch beruflich aktiv zu sein.
Damit Ihnen das nicht passiert: unsere fachkundige Beratung
Die Entscheidung des BGH weist darauf hin und verdeutlicht, dass Schuldner in atypischen Fallkonstellationen nicht vorschnell die Rechtsauffassung des Insolvenzverwalters oder des Gerichts akzeptieren sollten. Die Insolvenzordnung (InsO), als spezifische Verfahrensvorschrift, steht häufig im Spannungsfeld mit anderen rechtlichen Normen, die je nach Einzelfall ebenfalls berücksichtigt und angewendet werden müssen.
In solch atypischen Fallkonstellationen sollten Sie sich fachkundigen Rat bei einem Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht einholen. Die Kanzlei BRAUN ist in solchen Fällen für Sie an diesen Standorten zu finden:
- Anwalt für Insolvenzrecht Arnsberg
- Anwalt für Insolvenzrecht Bad Vilbel
- Anwalt für Insolvenzrecht Berlin
- Anwalt für Insolvenzrecht Bonn
- Anwalt für Insolvenzrecht Bremen
- Anwalt für Insolvenzrecht Darmstadt
- Anwalt für Insolvenzrecht Dortmund
- Anwalt für Insolvenzrecht Frankfurt a.M.
- Anwalt für Insolvenzrecht Freiburg i.Br.
- Anwalt für Insolvenzrecht Gießen
- Anwalt für Insolvenzrecht Hagen
- Anwalt für Insolvenzrecht Hamburg
- Anwalt für Insolvenzrecht Hannover
- Anwalt für Insolvenzrecht Ingelheim
- Anwalt für Insolvenzrecht Koblenz
- Anwalt für Insolvenzrecht Köln
- Anwalt für Insolvenzrecht Leipzig
- Anwalt für Insolvenzrecht Lüdenscheid
- Anwalt für Insolvenzrecht Maintal
- Anwalt für Insolvenzrecht Mainz
- Anwalt für Insolvenzrecht Mannheim
- Anwalt für Insolvenzrecht Meldorf
- Anwalt für Insolvenzrecht München
- Anwalt für Insolvenzrecht Neuss
- Anwalt für Insolvenzrecht Offenbach
- Anwalt für Insolvenzrecht Solms
- Anwalt für Insolvenzrecht Wiesbaden