Warum Wirtschaftsauskunfteien einen Anstieg der Firmeninsolvenzen erwarten.
Die Infektionsquellen der ansteckenderen neuen Virusmutation B.1.1.7 sind oft unklar. Laut dem Virologen Karl Lauterbach reicht wohl eine kurze Begegnung für eine Ansteckung aus, so die neuste Meldung über die Weiterentwicklung des Coronavirus. Auch unklar sind in diesen Zeiten die beinahe stündlich wechselnden Corona-Maßnahmen, sodass die Wirklichkeit hinter einer weiteren maskierten Realität verborgen bleibt und sich nur Anhand von Indizien von dem aufmerksamen Beobachter erahnen lässt.
Wirtschaftliche Lage in der Pandemie
Darunter dürfte unter anderem die Ahnung dessen sein, dass die Wirtschaft – bestehend aus Kleinstunternehmer, Mittelstand und Konzern – von der Pandemiewelle stark in Mitleidenschaft gezogen wird, wenn sie nicht bereits davor zum Teil strauchelte.Die partielle Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, mag eine „Schutzmaske“ sein, ebenso die Subventionierung von Warenkreditversicherern. Doch beide Instrumente der Regierung sind zeitlich begrenzt. Im zweiten Fall unter Umständen bis Juli, dann nämlich läuft der Vertrag über die Subventionierung der Warenkreditversicherer mit der Regierung aus. Ob dieser weiter verlängert werden wird, ist derweil ungewiss. Betroffen in diesem Zusammenhang ist die Textilbranche.
Wirtschaftsprognosen
Deshalb stellt die Wirtschaftsauskunftei Crif Bürgel GmbH die Mutmaßung an, dass die Zahl der Firmeninsolvenzen für das Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr um ein Doppeltes ansteigen wird. Insgesamt 35.500 Firmeninsolvenzen seien möglich, schreibt Crif-Bürgel-Geschäftsführer Frank Schlein hierzu. Mehr als 300.000 Unternehmen seien aktuell in finanziellen Schwierigkeiten. Dies spiegle sich jedoch in den Insolvenzzahlen bislang noch nicht wider.
Eher das Gegenteil bestimmt das aktuelle Marktgeschehen. 2020 meldeten laut Crif Bürgel in Deutschland lediglich 15.865 Unternehmen Insolvenz an – 16,5 Prozent weniger als 2019. Als Hauptursache für diesen scheinbar positiven Trend sieht die Wirtschaftsauskunftei u.a. die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie weitere Hilfspakte der Regierung wie den erst neulich beschlossenen Eigenkapitalzuschuss oder die Überbrückungshilfe III. Dadurch entsteht ein verzerrtes Bild der aktuellen Wirtschaftslage, sodass neben den regulären Insolvenzen rund 16.500 zusätzliche Insolvenzen hinzukommen dürften.
Wer ist betroffen?
Betroffen von dieser Entwicklung seien in erster Linie Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern. Aber auch Unternehmen aus Branchen wie Gastronomie, Touristik, Entertainment, Textileinzelhandel sowie Messebau seien besonders insolvenzgefährdet. Durch den Verzerrungseffekt würden die Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft erst allmählich zutage treten.
Einschätzung von Euler Hermes
Deutlich optimistischer zeigen sich hingegen die Experten von Euler Hermes, die sogar von einem „Nachhol-Boom“ sprechen. Die Annahmen der beiden Unternehmen widersprechen sich übrigens nicht. Euler Hermes bezieht sich bei seiner Aussage auf den Weltmarkt und die positiven Auswirkungen auf den deutschen Exportmarkt. Die Annahme von Crif Bürgel bezieht sich auf den Binnenmarkt.
Die Experten von Euler Hermes messen dem positiven Trend des steigenden Exports so viel heilende Wirkung zu, dass sich die Binnenkonjunktur erholen wird. Crift Bürgel geht in seiner Annahme davon aus, dass vom Export nicht alle Unternehmen profitieren werden. Zu denken sei beispielsweise an die Gastronomie.
Weitere Auswirkungen
Was in keiner der Zahlen abgebildet wird, sind zwei Effekte, von denen einer von den Fortführungsgläubigern und einer vom Schuldner ausgeht.
Fortführungsgläubiger sind solche Gläubiger, die am Fortbestand des Kunden ein Interesse haben, da sie nur bei Fortbestand des Kunden Geld verdienen. Sie unterstützen daher den Kunden beispielsweise mit der Verlängerung von Zahlungszielen oder anderen Zahlungserleichterungen. Viele dieser Fortführungsgläubiger werden in den Zahlen der Inkassounternehmen und der Wirtschaftsweisen nicht erfasst. Zu denken wäre beispielsweise an die vielen Vermieter. Damit wird ein Teil der Verschuldung der Schuldner in den Zahlen der Inkassounternehmen und der Wirtschaftsweisen nicht abgedeckt.
Das Gleiche gilt für die Verbindlichkeiten, die aus dem zweiten Effekt stammen. Bei diesem „drängt“ der Schuldner den Gläubigern einen Kredit auf, indem er die Rechnungen seiner Gläubiger nicht mehr begleicht. Auch viele dieser „Zwangskredite“ werden in den Zahlen der Inkassounternehmen und in denen der Wirtschaftsweisen nicht abgebildet.
Die Länge der Krise ist ausschlaggebend
Dauert eine Krise nicht lange an, dann können die beiden vorgenannten Effekte viele Insolvenzen verhindern, indem vertikal agierende Marktteilnehmer gemeinsam Liquidität des notleidenden Unternehmens schonen (teils freiwillig, teils unfreiwillig). Ins Negative kehrt sich dieser positive Trend, wenn eine Krise länger andauert, denn dann leiden auch die nachfolgenden Unternehmen an der Liquiditätskrise des Kunden und geraten eventuell selbst in eine Liquiditätskrise.
Es bleibt abzuwarten, wie die Entwicklung sich weiter manifestieren wird – ob, in einem „Stirb und werde“ und infolgedessen einer Erneuerung der Wirtschaft, ob in einem gesamtwirtschaftlichen Genickbruch oder aber in einem Phönix, der durch die Hilfe der Marktteilnehmer aus der Asche der Krise steigen wird.
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