Die Tories von Johnson als strahlende Gewinner, die Labour-Partei als klare Verlierer – laut einer Umfrage könnte so das Ergebnis der britischen Parlamentswahl 2019 aussehen. Johnsons Brexit-Plan könnte also klappen. Die Brexit-Frage sei der entscheidende Faktor bei der Wahl und somit auch die daraus resultierenden Folgen für den Insolvenztourismus.
Was hat der Brexit mit Insolvenztourismus zu tun?
Obgleich in der Vergangenheit der Brexit immer wieder verschoben wurde, so scheint es, als rücke der Austritt Großbritanniens aus der EU immer näher. Damit könnte in Zukunft auch Schluss mit dem „Insolvenztourismus“ in England sein, der für viele deutsche Schuldner eine mehr oder weniger gute Ausweichmöglichkeit zum deutschen Insolvenzverfahren darstellt. Denn in England winkt eine Restschuldbefreiung bereits nach zwölf Monaten Verfahrensdauer.
Voraussetzung allerdings ist, dass der Schuldner nach England zieht und ab dem Augenblick dort seinen Lebensmittelpunkt hat – andernfalls wird das englische Insolvenzverfahren nicht eröffnet bzw. die englische Restschuldbefreiung in Deutschland trotz komplett durchlaufender englischer Insolvenz nicht anerkannt. Dies wäre, im Hinblick auf die exorbitanten Lebenshaltungskosten in England gelinde, ein persönliches Waterloo für die Betroffenen. Darüber hinaus stehen auch die englischen Insolvenzrichter dem Phänomen des Insolvenztourismus kritisch gegenüber und betrachten deutsche Schuldnern besonders misstrauisch.
Dennoch ist die englische Restschuldbefreiung bis dato in Deutschland und der EU allgemein, abgesehen von den im ersten Teil des Artikels aufgeführten Ausnahmen, nach jetziger Rechtslage bei redlichen Schuldnern durch deutsche Gerichte anerkannt (BGH-Urteil vom 18.09.2001, Az. IX ZB 51/0). Dies beruht auf der europäischen Verordnung Nr. 1364/2000 vom 29.05.2000, welche die gegenseitige Anerkennung von Insolvenzverfahren in allen EU-Staaten vorsieht.
Mit dem Eintritt des Brexit und dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU könnte diese Anerkennung in Zukunft jedoch wegfallen. Im Worst-Case-Szenario könnte dies für Schuldner bedeuten, dass sie trotz eines vollständig abgeschlossenen englischen Privatinsolvenzverfahrens in Deutschland keine Anerkennung dessen erfahren.
Mögliche Brexit-Szenarien
Indes könnten aus dem Brexit die nachfolgenden Situationen resultieren:
- Deutschland und England verständigen sich noch vor Austritt über eine vollständige gegenseitige Anerkennung. In diesem Falle würde die englische Discharge weiterhin in Deutschland gelten. Somit wäre dies die optimale mögliche Lösung.
- Kommt es hingegen nicht zu einer Einigung oder kommt es zu Verzögerungen diesbezüglich, könnte dies dazu führen, dass Deutschland die englische Discharge freiwillig anerkennt, ob nun für vergangene oder auch für künftig eingeleitete englische Insolvenzverfahren deutscher Staatsbürger.
- Eine weitere Option könnte die befristete Anerkennung vergangener oder künftiger englischer Privatinsolvenzen darstellen. Wie dies aus der rechtlichen Sicht zu werten wäre, bleibt abzuwarten.
- Worst-Case-Szenario: Es wird weder Einigung noch Anerkennung erzielt. In Zukunft werden keine Insolvenzen in England möglich sein oder gar bereits durchlaufene in Deutschland nicht anerkannt.
Was bedeutet das für deutsche Schuldner?
Es ist alles vom gegenseitigen Wohlwollen der Verhandlungspartner abhängig. Dass gegenseitige Anerkennungen keine Selbstverständlichkeit darstellen, können wir bereits heute bei den Relationen zwischen Deutschland und der Schweiz beobachten; hier nämlich gibt es keine gegenseitige Anerkennung im Insolvenzverfahren.
Aus dieser Perspektive betrachtet, bildet trotz aller Unannehmlichkeiten das deutsche Insolvenzplanverfahren die sicherere Alternative mit vorausschaubaren und planbaren Rechtsfolgen. Hier ist eine Entschuldung rechtssicher und innerhalb eines Jahres zu bewerkstelligen. Es besteht so auch kein Zweifel über das Anerkenntnis der daraus resultierenden Restschuldbefreiung. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Schuldner sich die exorbitanten Kosten eines in Großbritannien durchgeführten Insolvenzverfahrens spart, indem er auf die hierfür notwendige Verlagerung seines Lebensmittelpunktes verzichtet.
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