Anzug eines Mannes - Führungslose GmbH

Über die Problematik einer Führungslosen GmbH auch im Kontext einer Insolvenz

Auch für das Jahr 2025 erwartet die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) eine düstere Entwicklung für die deutsche Wirtschaft, laut deren Prognosen über 20.000 Unternehmensinsolvenzen anstehen dürften. Ein Blick auf die Zahlen aus Dezember 2024 untermauert diese These durch einen alarmierenden Trend: Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen stieg laut vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes um satte 16,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Dieses Plus offenbart die steigenden finanziellen Belastungen vieler Unternehmen, die in einem zunehmend unsicheren wirtschaftlichen Umfeld ums Überleben kämpfen. Inmitten dieses wirtschaftlichen Sturmtiefs agieren und navigieren sich viele Geschäftsführer mal recht, mal schlecht durch die Krise. 

Was passiert bei einer führungslosen GmbH?

Bei einer GmbH trägt auf der Kommandobrücke die Geschäftsführung die zentrale von vielen Verantwortungen. Die Geschäftsführung ist zugleich ein exklusives Recht der agierenden Unternehmenslenker – und zwar bei jeder Wetterlage. Doch was passiert, wenn dieser Schlüsselposten plötzlich vakant wird – sei es durch Krankheit, Tod oder Rücktritt? In solchen Fällen tritt die sogenannte Führungslosigkeit der GmbH ein, ein Zustand, der für das Unternehmen und die Gesellschafter mit erheblichen rechtlichen und praktischen Herausforderungen verbunden ist. Es stellt sich die Frage: Was sind die Konsequenzen einer Führungslosigkeit und wie können Unternehmen vorausschauend handeln, um Risiken zu minimieren?

Per Definition tritt Führungslosigkeit dann ein, wenn der letzte Geschäftsführer der GmbH nicht mehr im Amt ist. Dies kann entweder durch Tod, Rücktritt oder Abberufung ohne sofortigen Ersatz erfolgen. Eine solche Lücke in der Unternehmensleitung stellt das Unternehmen vor massive Herausforderungen, da ohne Geschäftsführer eine zentrale Figur in der Unternehmensführung fehlt. Es ist wichtig zu betonen, dass dies keine vorübergehende Verhinderung ist, wie sie etwa durch Krankheit oder kurzfristige Abwesenheit aufgrund einer Reise entstehen könnte. Die Führungslosigkeit stellt eine dauerhafte Lücke dar, die schnell rechtliche Folgen nach sich zieht.

Passivvertretung und Notgeschäftsführer als Lösungsweg

In einem solchen Fall übernehmen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG die Gesellschafter die Passivvertretung der Gesellschaft. Das bedeutet, dass sie für die Entgegennahme von Willenserklärungen sowie die Zustellung von Schriftstücken verantwortlich sind. Diese Regelung wurde eingeführt, um zu verhindern, dass eine GmbH durch sogenannte „Firmenbestattungen“, wie etwa Sitzverlegungen oder das Fehlen eines Geschäftsführers, in eine Kommunikationsblockade gerät. Jedoch dürfen die Gesellschafter die GmbH nicht aktiv vertreten. Sie sind verpflichtet, schnellstmöglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, um einen neuen Geschäftsführer zu wählen. Sollte dies nicht rechtzeitig möglich sein, kann in dringenden Fällen ein Notgeschäftsführer gerichtlich bestellt werden, insbesondere dann, wenn die Handlungsfähigkeit der GmbH gefährdet ist und ohne Geschäftsführer keine unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden können.

Rechtliche Herausforderungen und Insolvenzrisiken

Ein weiteres rechtliches Problem ergibt sich, wenn die GmbH keinen Geschäftsführer mehr hat, da die Gesellschaft ohne einen Geschäftsführer ihre Prozessfähigkeit verliert. Nur der Geschäftsführer kann die GmbH in Rechtsangelegenheiten vertreten, weshalb in einem solchen Fall die Bestellung eines Notgeschäftsführers erforderlich wird, um die Prozessfähigkeit wiederherzustellen und die Gesellschaft handlungsfähig zu halten.

Die Situation wird besonders brisant, wenn die GmbH insolvenzreif ist. Geschäftsführer sind gesetzlich verpflichtet, in diesem Fall einen Insolvenzantrag zu stellen. Fehlt jedoch ein Geschäftsführer, sind die Gesellschafter gemäß § 15a Abs. 3 InsO verpflichtet, den Antrag zu stellen. Allerdings führt die fehlende Geschäftsführung dazu, dass die GmbH prozessunfähig wird. Um diese Prozessunfähigkeit zu überwinden, müssen die Gesellschafter schnellstmöglich die Prozessfähigkeit wiederherstellen, zum Beispiel durch die Bestellung eines Notgeschäftsführers. Wird dieser Schritt versäumt, droht nicht nur eine Ablehnung des Insolvenzantrags, sondern auch eine strafrechtliche Verantwortung für die Gesellschafter.

Gerichtsurteile zeigen die Brisanz der Problematik

Ein Beispiel für die Bedeutung der rechtzeitigen Reaktion auf Führungslosigkeit untermauert das hier gekürzt wiedergegebene Urteil des Insolvenzgerichts Ludwigshafen vom 11. Juli 2022 zu dem Aktenzeichen 3 d IN 71/22 FT wieder. In diesem Fall stellte das Gericht fest, dass eine GmbH, bei der sowohl Geschäftsführer als auch Gesellschafter ausgeschieden sind, als verfahrensunfähig gilt. Die Regelungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 InsO und des § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG sind in diesem Fall nicht anwendbar. Das Gericht betonte bei seiner Urteilsfindung, dass in einer solchen Situation zur Stellung eines Insolvenzantrags entweder ein Verfahrenspfleger nach § 4 InsO in Verbindung mit § 57 ZPO oder ein Notgeschäftsführer nach § 29 BGB bestellt werden muss. Das Amtsgericht entschied, dass in diesem Fall die Bestellung eines Verfahrenspflegers für das Insolvenzeröffnungsverfahren ausreichend sei.

Fazit: Prävention ist essenziell

Zusammenfassend lässt sich darlegen, dass die Führungslosigkeit einer GmbH nicht nur ein rechtliches, sondern auch ein wirtschaftliches Risiko darstellt. Es ist entscheidend, dass Gesellschafter vorausschauend planen und im Falle einer Führungslosigkeit schnell reagieren. Eine frühzeitige Nachfolgeregelung und eine durchdachte Personalplanung sind unerlässlich, um das Unternehmen handlungsfähig zu halten und rechtliche Risiken zu vermeiden. Wer diese Verantwortung ignoriert, setzt sich nicht nur finanziellen Verlusten aus, sondern auch der Gefahr, haftungsrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden.

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