Sollte der Baum der Steuerfreiheit von Zeit zu Zeit mit Sanierungsmaßnahmen der Unternehmen begossen werden? In einem wegweisenden Beschluss vom 9. August 2024 zu dem Aktenzeichen X B 94/23 des Bundesfinanzhofs könnte die Antwort darauf enthalten sein: Der Richterspruch klärt, unter welchen Bedingungen Unternehmen steuerliche Vorteile aus Sanierungserträgen ziehen können. Besonders im Fokus steht die Frage, ob die Sanierungsabsicht eines Unternehmens – also das Bestreben, durch Sanierungsmaßnahmen dauerhaft neue Impulse zu setzen – bereits dann angenommen werden darf, wenn ein Gläubiger im Rahmen der Sanierung auf einen Teil oder sogar die gesamte Forderung verzichtet. Dieses Urteil liefert nicht nur juristische Präzedenzfälle, sondern bietet auch praktische Orientierung für Unternehmen, die sich in Zeiten des Umbruchs neu aufstellen wollen.
In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) erneut Klarheit in die Frage gebracht, unter welchen Voraussetzungen Unternehmen steuerliche Vorteile aus Sanierungsgewinnen ziehen können. Die Entscheidung beleuchtet insbesondere, ob und wann eine Sanierungsabsicht angenommen werden darf. Schon dann, wenn ein Gläubiger auf einen Teil oder sogar auf die gesamte Forderung verzichtet oder erst unter Hinzutreten weiterer Kriterien?
Forderungsverzicht allein genügt nicht – Der BFH zieht klare Grenzen
Im Zentrum des Streitfalls stand eine Kommanditgesellschaft (KG), die im Betreiben zahlreicher Tankstellen engagiert ist. Der Kläger, als einziger Komplementär und Treugeber der KG, geriet zunehmend in Konflikt mit der A-AG, dem wichtigsten Handelspartner des Unternehmens. Bereits über Jahre hinweg litt die KG unter finanziellen Schwierigkeiten. Im Jahr 2010 wurde ein umfassendes Sanierungskonzept initiiert, bei dem angedacht war, dass die F-GmbH in die KG investiert. Letztlich erwarb die F-GmbH jedoch nur einen Großteil der Tankstellen, und die daraus resultierenden Mittel flossen in die Tilgung von Schulden.
Im Jahr 2012 erreichten die Forderungen der A-AG gegen die KG über 4 Mio. EUR, was schließlich zur Zwangsvollstreckung führte. Nachdem diese erfolglos blieb, einigten sich die Parteien auf einen Abfindungsvergleich: Die KG zahlte 50.000 EUR, während die A-AG auf sämtliche Ansprüche verzichtete. Dieser Forderungsverzicht führte in den Büchern der KG zu einem buchhalterischen Gewinn von nahezu 4 Mio. EUR. Der Kläger beantragte die Steuerfreiheit des entstandenen Sanierungsertrags gemäß § 3a Einkommensteuergesetz (EStG). Das Finanzamt lehnte diesen Antrag jedoch ab, da es an der erforderlichen Sanierungseignung und einer eindeutigen Sanierungsabsicht fehlte.
Revisionsentscheidung des BFH – Maßstab für Sanierungseignung präzisiert
In der Revisionsentscheidung stellte der BFH klar, dass ein schriftliches Sanierungskonzept zwar als wichtiges Indiz für die Sanierungseignung dienen kann – aber keinesfalls zwingend erforderlich ist. Ebenso wird der Verzicht eines Gläubigers nicht automatisch als Hinweis auf eine Sanierungsabsicht gewertet. Andernfalls würde jede Forderungsaufgabe gleichbedeutend mit einer Sanierungsabsicht sein, was dem Gesetzeszweck widerspräche. Der BFH betonte, dass maßgeblich geprüft werden müsse, ob ausreichende „Hauptindizien“ für eine Sanierungseignung vorlägen. Fehlen diese, bleibt eine Steuerfreiheit des Gewinns aus dem Forderungsverzicht abzulehnen. Aus diesem Grund bestätigte das Gericht die Entscheidung des Finanzamts, den buchhalterischen Gewinn als steuerpflichtig zu behandeln.
Konsequenzen für die Praxis – Sanierungsziele müssen klar belegt sein
Das Urteil unterstreicht, dass für die steuerliche Behandlung von Sanierungserträgen eine klare Nachweisführung über eine tatsächliche Sanierungsabsicht notwendig ist – ein bloßer Forderungsverzicht reicht nicht aus. Unternehmen, die Sanierungsmaßnahmen planen, sollten daher nicht nur ein detailliertes Sanierungskonzept vorlegen, sondern auch sicherstellen, dass alle maßgeblichen Indizien für eine nachhaltige Sanierung vorliegen.
Die Kanzlei BRAUN ist auch Ihr Ansprechpartner zu allen Themen rund um Sanierungskonzepte. Wenn Sie ein solches Anliegen haben, können Sie an folgenden Standorten Kontakt aufnehmen:
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