Direktanspruch gegen die Berufshaftpflichtversicherung der PartG mbB
In der oft verschachtelten Welt des Zivil- und Versicherungsrechts gibt es selten klare Antworten, besonders wenn es um die Verantwortlichkeiten von Partnerschaftsgesellschaften mbB und deren Berufshaftpflichtversicherung geht. Was passiert, wenn ein Insolvenzantrag gestellt wird und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Direktanspruch gegen die Versicherung greift? Ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Oktober 2024 zu dem Aktenzeichen 16 U 139/23 beleuchtet die zentralen rechtlichen Weichenstellungen und klärt auf, wann ein solcher Anspruch tatsächlich geltend gemacht werden kann – und wann nicht. Im Fokus stehen die Regelungen des Versicherungsvertragsgesetzes nach § 115 VVG sowie die Verknüpfung mit dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz nach § 8 PartGG. Ein spannender Einblick in ein Thema, das in der Praxis oft entscheidend, aber selten leicht verständlich ist.
Streitpunkt der Klägerinnen
Im Mittelpunkt des Verfahrens stand ein Streit zwischen einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der Rechtsform einer PartG mbB und ihren Mandantinnen, zwei Klägerinnen, die Schadensersatz- und Rückzahlungsansprüche in Höhe von insgesamt rund 500.000 Euro geltend machten. Die Klägerinnen beanstandeten Pflichtverletzungen im Rahmen eines Prüfauftrags zu einem IT-Projekt und forderten Ersatz von Gutachterkosten in Höhe von 230.000 Euro. Zusätzlich verlangte eine Klägerin die Rückzahlung angeblich rechtsgrundlos geleisteter Zahlungen von rund 270.000 Euro. Neben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft richteten sich die Klagen auch gegen deren Partner sowie gegen die Berufshaftpflichtversicherung.
Im Kern ging es um die Frage, ob die Klägerinnen direkt gegen die Versicherung der PartG mbB vorgehen können – eine Option, die gesetzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Der Direktanspruch gegen die Haftpflichtversicherung einer PartG mbB stützt sich auf § 8 Abs. 4 Satz 2 PartGG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 VVG. Nach Auffassung der Klägerinnen handelt es sich bei § 8 Abs. 4 Satz 2 PartGG um eine sogenannte Rechtsfolgenverweisung, die einen Direktanspruch unabhängig von den strengen Voraussetzungen des § 115 VVG ermöglichen sollte.
Voraussetzungen eines Direktanspruchs
Das Landgericht wies die Klage gegen die Versicherung jedoch ab und begründete dies mit einer restriktiveren Auslegung: § 8 Abs. 4 Satz 2 PartGG sei lediglich eine Rechtsgrundverweisung. Für einen Direktanspruch müssten daher weiterhin die Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 VVG vorliegen – etwa die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, die Ablehnung eines Insolvenzantrags mangels Masse oder die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters.
Das Oberlandesgericht bestätigte diese Sichtweise und wies die Berufung der Klägerinnen zurück.
Entscheidung des OLG Köln
Der Senat argumentierte, dass eine „wesentliche Änderung der Prozesslage“ – wie sie nach § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO für den Widerruf des schriftlichen Verfahrens erforderlich wäre – nicht vorliege. Zwar sei am 7. Oktober 2024 ein Insolvenzantrag gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gestellt worden, jedoch seien bis zum Ende der Schriftsatzeinreichungsfrist keine weiteren Schritte wie die Eröffnung des Verfahrens oder die Bestellung eines Insolvenzverwalters erfolgt.
Entscheidend war zudem die Auslegung von § 8 Abs. 4 Satz 2 PartGG. Das OLG schloss sich der Ansicht an, dass es sich hierbei nicht um eine Rechtsfolgenverweisung handelt. Ein Direktanspruch gegen die Haftpflichtversicherung bestehe nur, wenn die zusätzlichen Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Satz 1 VVG erfüllt seien.
Die Entscheidung des OLG Köln hat weitreichende Bedeutung für die Praxis der PartG mbB und deren Berufshaftpflichtversicherungen. Die klare Abgrenzung zwischen Rechtsgrund- und Rechtsfolgenverweisung sorgt für Rechtssicherheit, schränkt jedoch die Möglichkeiten von Geschädigten ein, direkt gegen die Versicherungen vorzugehen. Einige Stimmen in der juristischen Literatur hatten zuvor argumentiert, dass die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen der PartG mbB durch einen vereinfachten Direktanspruch kompensiert werden müsse. Diese Auffassung lehnte der Senat ab. Der Gesetzgeber habe keine Ausnahmen zugunsten der PartG mbB geschaffen, sondern lediglich die Anwendung der allgemeinen Regelungen des VVG auf diese besondere Rechtsform klargestellt.
Rechtliche Bedeutung des Urteils
Das Urteil verdeutlicht, dass ein Direktanspruch gegen die Berufshaftpflichtversicherung einer PartG mbB nur unter strengen Voraussetzungen möglich ist. Insbesondere die wirtschaftliche Absicherung der Geschädigten bleibt auf Fälle beschränkt, in denen das Insolvenzverfahren eröffnet oder andere insolvenzrechtliche Maßnahmen ergriffen wurden. Damit wird die Haftungsstruktur der PartG mbB gestärkt, gleichzeitig jedoch der Zugang der Geschädigten zur Haftpflichtversicherung erschwert.
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