Frau mit Mundschutz, in einer nachdenklichen Pose - Arbeitsrecht.

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Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Erholungsurlaubs, so werden ihm gem. § 9 BurlG die Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet. In diesem Falle zahlt der Arbeitgeber regelmäßig die Entgeltfortzahlung und nicht etwa Urlaubsentgelt. Wie gestaltet sich jedoch der Fall, wenn zum Beispiel der Arbeitnehmer im Rahmen des Erholungsurlaubs und ohne selbst mit dem Coronavirus infiziert worden zu sein, sich nur deshalb in Quarantäne begeben muss, weil dieser Kontakt mit einer an Covid-19 erkrankten Person Kontakt gehabt habe. In diesem Falle werden die Tage in der Quarantäne auf den Urlaub angerechnet, wie es das Arbeitsgericht Neumünster in seinem Beschluss vom 03.08.2021 zu dem Aktenzeichen 3 Ca 362 b/21 entschieden hatte. 

Anordnung von Quarantäne nach dem Urlaub

In Zeiten der Coronapandemie ist die Urlaubsplanung wesentlich umständlicher geworden. Es sind sich immer wieder ändernde Vorschriften zu beachten, oft mit der Konsequenz, dass mitunter eine im Ausland geplante Reise nicht stattfinden kann, oder bei der Ankunft am Urlaubsort oder bei der Rückkehr in die Heimat mit Restriktionen wie verordneter Quarantäne gerechnet werden muss. Der Frage einer vor dem Antritt des Urlaubs und in dieser hineinwirkenden behördlich verordneten Quarantäne ist das Arbeitsgericht Neumünster nachgegangen. 

Der Fall

In dem verhandelten Fall habe der Arbeitnehmer und späterer Kläger von der Arbeitgeberin wie beantragt in dem Zeitraum vom 23 bis zum 31. Dezember 2020 seinen Urlaub antreten wollen. Im Rahmen dessen bzw. kurz davor ordnete das Gesundheitsamt für den 21. bis zum 4. Januar 2021 Quarantäne an. Hierauf leistete die Arbeitgeberin für die beantragte Zeit Urlaubsentgelt und rechnete die Tage auf den Urlaubsanspruch des Klägers an. Hiergegen wendete sich der Arbeitnehmer mit der Auffassung, dass sein Urlaubsanspruch immernoch bestehe. Die Beklagte habe ihm für Dezember 2020 nicht wirksam Urlaub gewährt, so dass § 9 BurlG analog Anwendung finden dürfte. Es liegt somit eine planwidrige Regelungslücke vor, so der Kläger. Durch die angeordnete Quarantäne sei die Leistungsfähigkeit des Klägers weggefallen, aus diesem Grund sei die Urlaubsgewährung durch die Arbeitgeberin nicht möglich. Auch habe es seitens des Klägers keine Möglichkeit gegeben, seinen Urlaub frei zu gestalten. 

Das Urteil

Dieser Argumentation ist das Arbeitsgericht nicht gefolgt. § 9 BUrlG ist nicht auf den Fall der Anordnung einer Quarantäne analog anzuwenden. 

[…] Es fehlt insoweit schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Bei der Schaffung von § 9 BUrlG (im Jahre 1963, die Norm war bereits in den Entwürfen enthalten, Neumann/Fenski/Kühn/Neumann, 12. Aufl. 2021 Rn. 1, BUrlG § 9 Rn. 1) waren Unterscheidungen zwischen Krankheit und bloßer seuchenbezogener Risiken, die zu einer Quarantäneanordnung führen konnten, bereits bekannt, seinerzeit galt das Bundesseuchengesetz. Auch wenn seinerzeit kein derartig großer Seuchenzug, wie er im Moment durch die Corona-Pandemie mit weitreichenden gesellschaftlichen Auswirkungen besteht, vorlag, konnte ein Problem wie das vorliegende jederzeit auftreten und trat auch sicherlich in vielfältigen Einzelfällen tatsächlich auf. Soweit der Kläger darauf abstellt, dass es nun bei der Corona-Pandemie um eine besondere gesamtgesellschaftliche Situation geht, hat er zwar insoweit recht, dass es eine solche Situation gibt, ein besonderer Unterschied ist hieraus aber nicht zu ermitteln. Im Gegenteil ergeben die aktuellen Maßnahmen des Gesetzgebers, dass diese etwaigen Belastungen einer Seite – wie der Kläger sie vorliegend zu Lasten der Arbeitgebergesamtheit durchsetzen möchte – stark durch Subventionstatbestände abgefedert sind. Sollte der Kläger also – obwohl er sich auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts auf eine Analogie zu § 9 BUrlG und nicht auf eine teleologische Extension der geänderten Vorschriften des Infektionsschutzgesetz berufen hat – auf die konkrete Situation beziehen, müsste er darlegen, warum eine Norm in ganz ungewöhnlicher Weise die Kosten der Pandemie einer Seite auferlegt, ohne hierfür die Gesamtgesellschaft über Steuermittel in Haftung zu nehmen. […]

Darüber hinaus ist eine klare Grenzziehung bei der Frage, wer das Risiko für die Urlaubsstörung trägt, nur möglich und praktikabel, wenn allein auf die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers abgestellt wird.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, wer selbst erkrankt und damit arbeitsunfähig ist, behält seinen Urlaubsanspruch und wer (eigen oder fremdverschuldet) in Quarantäne muss, verliert diesen.

Ob andere Gerichte dem folgen, bleibt abzuwarten.

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