Der Begriff „Tantra“, der dem indischen Sanskrit entstammt, bedeutet übersetzt so viel wie „Gewebe, Kontinuum, Zusammenhang“ und nimmt dabei Bezug auf unterschiedliche Richtungen innerhalb der indischen Philosophie und Religion. In Kürze dargelegt, verbindet Tantra Sinnlichkeit und Spiritualität. Weniger spirituell und esoterisch sah hingegen das Verwaltungsgericht Berlin die Einordnung eines sogenannten Tantra-Studios an, im Rahmen seines Beschlusses vom 17.11.2022 zu dem Aktenzeichen VG 4 L 460/22. Dieses wurde nämlich von den Richtern als Prostitutionsgewerbe deklariert.
Was besagt das Prostitutionsgesetz?
Nach dem Prostitutionsgesetz ProstSchG ist es erforderlich, dass Betriebe, die Prostitution anbieten, eine Erlaubnis von der zuständigen Behörde erhalten. Das Gesetz soll alle Formen bezahlter sexueller Kontakte erfassen, um die sexuelle Selbstbestimmung der Beteiligten zu schützen. Ein Prostitutionsgewerbe liegt nämlich dann vor, wenn sexuelle Dienstleistungen gewerbsmäßig angeboten oder Räumlichkeiten hierfür zur Verfügung gestellt werden. Personen, die gegen Entgelt sexuelle Handlungen durchführen, gelten somit per Definition als Prostituierte.
Das Tantra-Beispiel aus Berlin
Die Antragstellerin betreibt ein Tantra-Studio in Berlin-Charlottenburg und begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, dass für ihren Betrieb keine Erlaubnis erforderlich ist. In ihrem Argument trägt die Klägerin nämlich vor, dass sie ähnlich wie bei gynäkologischen Untersuchungen „alternativmedizinische Behandlungen“ anbietet, die eine umfassende und qualifizierte Ausbildung erfordern, und betont dabei, dass kein Geschlechtsverkehr angeboten wird.
Sie beschreibt das Ambiente ihres Betriebs als ähnlich dem eines Wellness- und Spa-Bereichs eines Hotels und betont, dass ihre Klientel nicht mit Kriminalität in Verbindung steht. Damit versucht die Betreiberin des Tantra-Studios dem Gericht nahezulegen, dass es sich bei ihrer Offerte nicht um ein Prostitutionsgewerbe handelt.
So begründete das Gericht seine Entscheidung
Die 4. Kammer des Gerichts sah dies anders und hat den Eilantrag der Klägerin auf vorläufigen Rechtsschutz zurückgewiesen, da der Betrieb der Antragstellerin nach Ansicht der Richter dem Prostitutionsschutzgesetz unterliege und deshalb eine Erlaubnis benötigt werde.
Der Wortlaut des Urteils des Verwaltungsgerichts ist dabei wie nachfolgend:
[…] Der Betrieb der Antragstellerin unterfalle dem ProstSchG und unterliege einem Erlaubnisverfahren. Nach dem weiten Verständnis des ProstSchG sollten nahezu alle Formen bezahlter sexueller Kontakte erfasst sein, um die sexuelle Selbstbestimmung von Menschen in diesem Tätigkeitsfeld umfassend zu schützen. Ein Prostitutionsgewerbe i.S.d. Gesetzes betreibe, wer gewerbsmäßig sexuelle Dienstleistungen anbiete oder Räumlichkeiten hierfür bereitstelle, indem er eine Prostitutionsstätte betreibe.
Prostituierte seien danach Personen, die sexuelle Handlungen gegen Entgelt erbrächten. Diese Voraussetzungen seien im Hinblick auf das Tantra-Studio erfüllt. Die Antragstellerin habe nicht in Abrede gestellt, sexuelle Dienstleistungen zu erbringen; vielmehr seien sexuelle Handlungen Teil der Massage, bei der auch der Genitalbereich einbezogen werde. Die Behandlung werde gegen Entgelt erbracht; eine zweistündige Massage im Studio der Antragstellerin koste 200 Euro. Beide Beteiligten seien nackt. Damit ziele die Antragstellerin bewusst auch auf eine sexuelle Erregung ihrer Kundschaft ab.
Medizinische Behandlungsmaßnahmen, wie etwa gynäkologische Untersuchungen, die jedenfalls größtenteils bekleidet abliefen, seien mit dem Angebot der Antragstellerin offenkundig nicht vergleichbar. Es bestehe kein Zweifel, dass ein/e objektive/r Beobachter/in der im Betrieb der Antragstellerin angebotenen Behandlung einen Sexualbezug beimessen würde.[…]
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