Im Rechtsstreit um Schadenersatz für die insolvente Drogeriekette Schlecker wegen des sogenannten Drogeriekartells gibt es eine neue Entwicklung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein Urteil, Urteil vom 29.11.2022 zum Aktenzeichen KRZ 42/20, des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main aufgehoben, dass die Millionenklage des Insolvenzverwalters von Schlecker abgelehnt hatte. Das Verfahren wird somit fortgesetzt.
Warum geht es in dem Rechtsstreit?
Im Rechtsstreit zwischen dem Insolvenzverwalter von Anton Schlecker und den Beklagten geht es um eine Schadensersatzforderung in Höhe von mindestens 212,2 Mio. €. Schlecker war einst eines der größten Einzelhandelsunternehmen für Drogeriemarkenartikel in Deutschland, während die Beklagten als Hersteller von Drogeriemarkenartikeln tätig sind. Die Preise für die von Schlecker erworbenen Produkte wurden bilateral zwischen den Parteien in Jahresvereinbarungen festgelegt, die von 2000 bis 2012 liefen.
Verstoß gegen das Kartellverbot?
Das Bundeskartellamt verhängte Bußgelder gegen die Beklagten wegen eines Verstoßes gegen das Kartellverbot gemäß § 1 GWB und Art. 81 EGV, nunmehr Art. 101 AEUV, da sie in den Jahren 2004 bis 2006 an einem kartellrechtswidrigen Informationsaustausch beteiligt waren. Dabei soll es um den Austausch von Informationen über Bruttopreiserhöhungen und Jahresverhandlungen mit Schlecker gegangen sein. Der Insolvenzverwalter behauptet, Schlecker habe aufgrund des Drogeriekartells überhöhte Preise für Drogeriemarkenartikel zahlen müssen, was einen Schaden in Höhe von mindestens 212,2 Mio. € verursacht habe.
Das Landgericht wies die Klage ab und auch die Berufung hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision hat der Kläger die geltend gemachten Ansprüche weiterverfolgt.
So entschied der Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Er hat entschieden, dass ein kartellrechtswidriger Austausch zwischen Wettbewerbern über geheime Informationen, die das aktuelle oder geplante Preissetzungsverhalten gegenüber einem gemeinsamen Abnehmer zum Gegenstand haben, zugunsten dieses Abnehmers den Erfahrungssatz begründet, dass die danach erzielten Preise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die Wettbewerbsbeschränkung gebildet hätten. Betreffen geheime Informationen aktuelles oder geplantes Preissetzungsverhalten, besteht eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass die an dem Informationsaustausch beteiligten Wettbewerber gemeinsam ein höheres Preisniveau erreichen.
Im Fokus steht hier die Frage, ob sich aus den Umständen Indizien ergeben, die den Erfahrungssatz bestätigen oder entkräften. Dieser Grundsatz gilt auch für das sogenannte Drogeriekartell, bei dem es um den Informationsaustausch über Preiserhöhungen und Verhandlungen mit Schlecker über Rabatte und Sonderbedingungen ging.
Das Berufungsgericht hatte diesen Grundsatz zwar angenommen, jedoch nicht ausreichend berücksichtigt. Es konnte sich keine Überzeugung von einem Schaden Schleckers bilden, was auf einer fehlerhaften Bewertung der Umstände beruhte und der Kontrolle durch das Revisionsgericht nicht standhielt. Wie die Entscheidung letztendlich ausfällt, bleibt abzuwarten. Bei Fragen rund um das Thema Insolvenz finden Sie in der Kanzlei BRAUN Ihren erfahrenen Fachanwalt für Insolvenzrecht und Sanierungsrecht.