Grundstück und Immobilie von oben

Die schenkweise Übertragung einer Immobilie auf eine andere Person kurz vor einer Insolvenz ist nicht nur anfechtbar, sondern auch strafbar. Personen, die den Schuldner bei einer solchen Handlung unterstützen, machen sich ebenfalls strafbar und leisten Beihilfe zu einer Insolvenzstraftat. Da Immobilientransaktionen notariell beurkundet werden müssen, besteht für Notare das Risiko, dem Schuldner bei der Begehung dieser Straftat Beihilfe zu leisten. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn die Notare über die wirtschaftliche Krise des Schenkers informiert waren oder Kenntnisse über Umstände hatten, die zwangsläufig auf diese Krise hingewiesen haben.

Der Notar übt seine Tätigkeit als Hüter eines öffentlichen Amtes aus, das im Bereich der präventiven Rechtspflege liegt. In diesem Rahmen sind die Rechtssuchenden und der Notar keine Vertragsparteien, sondern vielmehr Akteure in einem öffentlich-rechtlichen Verfahren. Es existiert keine vertragliche Haftung des Notars für Schäden, die während seiner Amtsausübung entstehen. Die Haftung des Notars ergibt sich allein aus § 19 des Bundesnotarordnung (BNotO). Der Notar haftet demnach gemäß § 19 Absatz 1 BNotO, wenn er schuldhaft eine Amtspflicht gegenüber einer anderen Person verletzt. Diese Schäden müssen im Zusammenhang mit seiner notariellen Amtstätigkeit stehen und einen direkten Bezug zur Ausübung seiner notariellen Funktionen aufweisen. Eine rein äußere und zufällige Verbindung genügt nicht.

Es ist entscheidend, dass eine Amtspflichtverletzung vorliegt, was jeden Verstoß gegen die Pflichten des Notars in seiner amtlichen Funktion einschließt. Diese Pflichten bestehen gegenüber Dritten.

Welche vorwerfbaren Fehler können vorliegen?

Ein Fehler kann nicht nur in der Beurkundung der Willenserklärungen der Parteien gesehen werden. Ein vorwerfbarer Fehler könnte beispielsweise auftreten, wenn der Notar die von ihm zu beurkundenden Erklärungen nicht mit den vorgelegten Unterlagen oder dem Grundbuchinhalt abgleicht und auf Abweichungen oder Widersprüche sowie die daraus resultierenden Konsequenzen hinweist. Bei den vorgenannten Widersprüchen ist es jedoch relevant, inwieweit die Mandanten des Notars bei der Aufklärung des Sachverhaltes mitwirken oder diesen zum Zwecke der eigenen Vorteilsnahme zu verdunkeln versuchen. Einen äquivalenten Hinweis mag die nachfolgende Entscheidung des BGH darstellen.

Die Entscheidung des BGH

In seiner Entscheidung vom 22. Oktober 2020 (Aktenzeichen IX ZR 208/18) hat der Bundesgerichtshof (BGH) festgestellt, dass die Übertragung von Immobilien durch einen Insolvenzschuldner an nahestehende Verwandte unter bestimmten Umständen anfechtbar sein kann. Diese Anfechtbarkeit tritt insbesondere dann in den Fokus, wenn die Übertragung in einem auffallenden Verhältnis zur Insolvenz oder zu vorangegangenen Ereignissen steht, die zur Insolvenz geführt haben. 

In diesem speziellen Fall waren dies eine Prüfung durch das Finanzamt sowie Vorwürfe Dritter gegen den Insolvenzschuldner aufgrund unlauteren Verhaltens. Der BGH hat in seinem Urteil eine Vielzahl von Anhaltspunkten aufgezeigt, die dazu führen können, dass die Übertragung von Eigentum vor Insolvenzbeginn rechtlich angefochten werden kann. Dazu gehört beispielsweise die Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, die unzureichende finanzielle Leistungsfähigkeit des Käufers, Belastungen des Eigentums zugunsten des Schuldners, die den Verkauf erschweren, oder unbegründete Übertragungen von Vermögenswerten unmittelbar vor der Insolvenz (im folgenden Block wurde bereits davon berichtet: https://kanzlei-braun.net/einer-flog-aus-seinem-kuckucksnest/).

Der Fall 

In dem besagten Fall vor Gericht handelte es sich um die Übertragung einer Immobilie an den Sohn des Insolvenzschuldners im Rahmen eines Kaufvertrags, bei dem auch ein lebenslanges Wohnrecht für den Insolvenzschuldner eingetragen wurde. Die Vorinstanzen hatten die Klage des Insolvenzverwalters zunächst abgewiesen, doch der BGH hat diese Entscheidungen aufgehoben und den Fall zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. 

Der BGH argumentiert, dass wichtige Aspekte des Sachverhalts nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Besonders ins Auge sticht die Tatsache, dass die Immobilie kurz nach der Ankündigung einer Prüfung durch den Insolvenzverwalter an den Sohn des Insolvenzschuldners übertragen wurde. Der Sohn wurde nicht nur als nahestehende Person angesehen, der besonderes Wissen zugeschrieben wird, sondern er war auch ein Student, bei dem die Frage aufkam, ob er überhaupt die finanziellen Mittel für den Immobilienerwerb besaß. Der BGH betont, dass ein Scheingeschäft vorliegen kann, wenn nicht ernsthaft geplant ist, dass der Käufer seine Gegenleistung erbringt. In einem solchen Fall handelt es sich eher um eine verschleierte Schenkung, die nach § 117 BGB nichtig ist.

In seinem Urteil erörtert der BGH nicht nur die Möglichkeit einer Schenkungsanfechtung gemäß § 134 InsO, sondern auch die Möglichkeit einer Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO.

Was bedeutet die Anfechtung?

Hervorzuheben ist bei der Schenkungsanfechtung, dass aufgrund der unteilbaren Natur des Eigentumsübergangs nicht nur der Wertüberschuss zurückgefordert werden kann, sondern auch die gesamte Eigentumsübertragung rückgängig gemacht werden kann. Dies geschieht jedoch unter dem Vorbehalt einer Zug-um-Zug-Abwicklung, was in der Praxis zu Komplikationen führen kann, insbesondere wenn bereits eine Gegenleistung erbracht wurde und diese nicht mehr für die Insolvenzmasse verfügbar ist.

Welcher Nachweis muss erbracht werden?

Es ist wichtig zu beachten, dass die Anfechtung der Übertragung nicht nur dann möglich ist, wenn der gesamte Wert der Immobilie nicht angemessen im Kaufvertrag berücksichtigt wurde, sondern auch dann, wenn nur ein Teil des Wertes der Immobilie nicht im Grundgeschäft widergespiegelt wurde. Vorausgesetzt werden jedoch die nachweisbare Kenntnis und der Vorsatz zur Benachteiligung der Gläubiger seitens der handelnden Parteien. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist eine entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Insolvenzanfechtung.

Der BGH setzt die Hürden für den Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes nicht übermäßig hoch an. Dies liegt möglicherweise daran, dass es sich um ein subjektives Merkmal handelt, das von Dritten oft schwer objektiv bewiesen oder ermittelt werden kann. Daher reichen in der Regel ausreichende Indizien aus, um den Vorsatz zu begründen. Die endgültige Bewertung und Würdigung dieser Indizien obliegen jedoch den Oberlandesgerichten im jeweiligen Einzelfall.

Was bedeutet das für den Notar?

Die Verantwortlichkeiten eines Notars während seiner Amtsausübung sind in § 14 der Bundesnotarordnung (BNotO) sowie in der einschlägigen Rechtsprechung detailliert festgelegt. Ein Notar hat die grundlegende Verpflichtung, sein Amt stets unabhängig und unparteiisch auszuüben und darf in keiner Weise in unerlaubte oder unredliche Aktivitäten verwickelt werden. 

In Fällen, in denen ein Notar seine Pflichten verletzt, wird oft der Vorwurf erhoben, dass er seine Belehrungspflicht gegenüber einer beteiligten Partei vernachlässigt hat. Im Kern seiner Tätigkeit bei einer Beurkundung liegt die Pflicht, den Willen der Beteiligten zu ergründen, den Sachverhalt zu klären, die Beteiligten über die rechtlichen Konsequenzen des Geschäfts zu informieren und ihre Erklärungen deutlich und unmissverständlich in der Niederschrift festzuhalten, wie es im Beurkundungsgesetz (§ 17 BeurkG) vorgeschrieben ist.

Wichtig zu wissen ist, dass die Anfechtung die zivilrechtliche Zwillingsschwester der Konkursstraftat ist. Eine anfechtbare Handlung ist demnach auch strafbar. Natürlich wird der Staat nur in Extremfällen aktiv. Einfach gelagerte Fälle werden nicht strafrechtlich verfolgt. Eine Immobilienübertragung ist aber ein Fall, in dem die Staatsanwaltschaft zu ermitteln beginnt.

Zurück zur Beurkundung

Kommen nun zwei Parteien zu einem Notar, um eine Immobilie im Rahmen einer Schenkung von einer Partei auf die andere zu übertragen, hat der Notar Kenntnis von Umständen, die geeignet sind, etwaige Gläubiger einer Partei zu benachteiligen. Das liegt daran, dass bei einer Schenkung nur der eine Teil leistet, der andere aber nicht. Hier bedarf es einer Erklärung für die schenkweise Übertragung. Das können beispielsweise eine vorweggenommene Erbschaft oder Übertragungen von einem vermögenden Ehegatten auf den anderen nicht vermögenden Ehegatten sein, wenn anschließend beide Ehegatten eine vorweggenommene Erbschaft durchführen.

Die Pflichten des Notars

Ein Notar muss wegen der Anfechtbarkeit der Übertragung und wegen der Strafbarkeit aktiv bei den Parteien nachfragen, welche Beweggründe für die schenkweise Übertragung vorliegen. Er kann nicht einfach blind beurkunden und anschließend erklären, er habe nichts davon gewusst, dass hier eine Straftat begangen wurde und auch nichts davon wissen können. Das liegt daran, dass Schenkungen unüblich sind. Entgeltliche Übertragungen sind üblich. Schenkungen sind die Ausnahme im menschlichen Handeln. Das schließt ein fahrlässiges Handeln aus. 

Fahrlässigkeit bedeutet nämlich: Ich wusste nicht, dass ich etwas tue, das strafbar ist oder ich wusste zwar, dass mein Handeln geeignet ist, einen Straftatbestand zu erfüllen, ich habe aber darauf vertraut, dass nichts passiert. Da Schenkungen keine Gegenleistung beinhalten, wusste man als Notar, dass das eigene Handeln, nämlich die Vornahme der Beurkundung geeignet ist, einen Straftatbestand zu erfüllen, nämlich den § 283 StGB (Konkursstraftat – Beiseiteschaffen von Vermögen). Da Schenkungen unüblich sind, konnte er auch nicht darauf vertrauen, dass das eigene Handeln keine Beihilfe zur Vermögensverschiebung darstellt. Das birgt eine Hohe Gefahr für einen Notar, Beihilfe zu einer Konkursstraftat zu begehen.

Die Enthaftung des Notars

Er kann sich dadurch enthaften, dass er die Parteien ausführlich belehrt und in seinen Akten ausführlich dokumentiert, dass er alles unternommen hat, um die Beweggründe für die Schenkung in Erfahrung zu bringen und ihm solche Gründe bekannt waren, die eine Konkursstraftat ausschließen oder zumindest positive Beweggründe für eine Schenkung – wie im Falle der vorweggenommenen Erbschaft – bekannt sind. Natürlich wäre auch eine solche Beurkundung anfechtbar und strafbar, wenn bei der vorweggenommenen Erbschaft die Gläubigerschädigung der Hauptbeweggrund für die schenkweise Übertragung wäre und die vorweggenommene Erbschaft nur der Verschleierung der eigentlichen Beweggründe dienen würde.

Diesseits wird davon ausgegangen, dass die Haftung der Notare für die Vornahme solcher Handlungen in Zukunft stark zunehmen wird. Auch die strafrechtliche Verantwortung wird zukünftig deutlich an Bedeutung gewinnen. Es würde damit dann schwerer werden, seine Hände in Unschuld zu waschen. Die Kanzlei BRAUN berät dazu gerne als Fachanwalt für Insolvenzrecht und Sanierungsrecht, sollten Fragen aufkommen.