Bereits vom 11. bis zum 13. August hat die Lokführergewerkschaft GDL unter der Federführung von Claus Weselsky zum Streik im Personenverkehr aufgerufen. Bundesweit kam es im Zuge dieser Entscheidung zu Zugausfällen sowie Verspätungen im Nahverkehr. Nach einer kurzen Atempause wurde dann erneut zwischen dem 23. und dem 25. August zum Streik seitens der GDL aufgerufen – und es ist absehbar, dass es nicht das letzte Mal gewesen sein sollte. Arbeitnehmer, die auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind, kamen so häufig zu spät zur Arbeit oder mussten Alternativen wählen, um an ihren Bestimmungsort zu gelangen. Doch welche Konsequenzen sind mit einem verspäteten oder dem Nichterscheinen am Arbeitsplatz aus arbeitsrechtlicher Sicht verbunden?
Das Wegerisiko für Arbeitnehmer
Arbeitnehmer tragen das sogenannte Wegerisiko, dass nichts anderes besagt, als dass sie trotz Widrigkeiten pünktlich zur Arbeit erscheinen müssen. Konkret versteht das Bundesarbeitsgericht darunter das Risiko, dass Arbeitnehmer wegen absehbarer Verkehrsbehinderungen wie beispielsweise unter Umständen durch Glatteis, Schnee, umgefallene Bäume auf der Straße nicht pünktlich am Arbeitsplatz erscheinen können.
Während man als Arbeitnehmer unter Umständen erst zu spät, zum Beispiel bereits auf dem Weg zur Arbeit befindend, aus dem Radio erfährt, dass ein umgefallener Baum die Straße versperrt, so war der Streik seitens der Warnungen und der Nachrichtenlage bereits absehbar. Somit sind Arbeitende immer verpflichtet, in solchen Fällen alles ihnen Zumutbare zu unternehmen, um trotz des Streiks pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen.
Was ist zumutbar? Pflichten und Grenzen für Arbeitnehmer
In diesem Sinne sind Arbeitnehmer dazu aufgerufen, sich rechtzeitig über alternative Verkehrsmittel, Routen oder nicht bestreikte Verkehrsmittel zu informieren und diese in Anspruch zu nehmen. Alternativ gilt es, Fahrgemeinschaften mit anderen Angehörigen des gleichen Betriebes zu organisieren oder Carsharing-Angebote zu nutzen. Auch ein früheres Antreten des Arbeitsweges wie sonst üblich gilt als dem Arbeitnehmer zumutbare Lösung. Grenzen der Zumutbarkeit bestehen unter Umständen bei Teilzeitbeschäftigten, die aufgrund des Zuspätkommens nur einen geringen Bruchteil ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung dem Arbeitgeber zur Verfügung stellen könnten. Hier ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber ein etwaiges Erscheinen und gegebenenfalls der Umgang mit dem Arbeitsausfall abzusprechen. Betriebliche Gründe können auch dann noch ein Erscheinen nötig machen. Diese Gründe müssen aber umso höher wiegen, je länger sich die Fahrt zur Arbeitsstelle gegenüber der normalen Fahrzeit verlängert.
Es drohen Abmahnungen oder Entgeltkürzungen
Arbeitnehmer sollten umsichtig vorgehen, denn unter Umständen sind auch Abmahnungen oder Entgeltkürzungen durch den Arbeitgeber möglich, wenn die betroffene Person zu spät oder gar nicht zur Arbeit erscheinen sollte. Denn, wenn nichts anderes arbeits- oder tarifvertraglich vereinbart ist, gilt der Grundsatz ohne Arbeit kein Lohn. Ausnahmen gelten nur bei Verhinderungen aus vorübergehenden, persönlichen Gründen der Arbeitnehmenden. Kommen Beschäftigte wegen des Streiks deshalb zu spät oder gar nicht zur Arbeit, können Arbeitgeber wegen der ausgebliebenen Arbeitsleistung Entgeltkürzungen vornehmen oder sogar Abmahnungen aussprechen.
Arbeitgeber könnten unter Umständen auch das Home-Office als Überbrückungslösung anbieten. Sollte das nicht möglich sein, kann entweder Urlaub oder der Abbau von Überstunden als Lösungsansatz dienen. Alternativ kann auch die Nutzung von Gleitzeit in Betracht kommen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber Nacharbeit verlangen kann. Dies wäre dann der Fall, wenn sich dieser Umstand aus dem Arbeitsvertrag selbst, einer Betriebsvereinbarung oder einem geltenden Tarifvertrag ergeben würde. Grundsätzlich sollte aber eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit in beidseitigem Interesse stattfinden.
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