Gerichtsurteil mit Autoschlüssel und Alkohol

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Anordnung der MPU bereits bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt

Im Jahr 2019 wurden in Deutschland mehr als 17.400 Personen im Rahmen von Autounfällen verletzt, bei denen Alkohol eine wesentliche Ursache darstellte. In der Folge starben 228 Menschen, was mit rund 7,5 Prozent aller tödlich verletzten Verkehrsteilnehmern zu Buche schlägt.

Die geltenden Regeln zur Fahrtüchtigkeit

Wer sich das eine oder andere Feierabendbier genehmigt und sich hernach hinters Steuer setzt – oder aufs Fahrrad, für das die gleichen Regeln gelten –, sollte kritisch hinterfragen, ob er noch zum selbständigen Führen eines Fahrzeuges in der Lage ist. Alternativ kann mittels entsprechender Apps der eigene Promillewert geschätzt werden.

Die Promillegrenze beim Autofahren liegt bei 0,5 Promille. Bis zu diesem Wert darf man sein Kraftfahrzeug straffrei lenken, wenn man nicht auffällig fährt oder einen Unfall baut. Hier wird von einer „relativen Fahruntüchtigkeit“ gesprochen, welche als eine Ordnungswidrigkeit gilt. 

Ab 1,1 Promille ist die sogenannte „absolute Fahruntüchtigkeit“ erreicht. Ab hier steigt die Wahrscheinlichkeit stark an, einen Unfall zu verursachen, und zwar zehnmal höher als dies im nüchternen Zustand der Fall gewesen wäre. Die strafrechtliche Verfolgung, unabhängig davon, ob nun ein Fahrfehler oder Unfall vorliegt, erfolgt auf jeden Fall.

Es drohen:

  • Geld- oder Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren
  • Der Entzug der Fahrerlaubnis für den Zeitraum von 6 Monaten bis zu 5 Jahren oder sogar dauerhaft
  • 3 Punkte in Flensburg

Wegweisendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Einzelfälle sind teils schwierig einzuschätzen. Zum einen wegen des Vertragens und des Gewohnheitseffekts bei regelmäßigem Alkoholkonsum, zum anderen wegen der Fahrtüchtigkeit beziehungsweise den alkoholbedingten Ausfallserscheinungen. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht am 17.03.2021 ein wegweisendes Urteil zu dem Aktenzeichen BVerwG 3 C 3.20 gefällt.

Bisher wurde bei Ersttätern wegen Trunkenheit im Verkehr unter 1,6 Promille normalerweise keine MPU im Vorfeld einer Neuerteilung der Fahrerlaubnis angeordnet. Dem ist das Bundesverwaltungsgericht entgegengetreten und hat entschieden, dass nun bereits nach einmaliger Trunkenheitsfahrt mit 1,1 Promille eine MPU gefordert werden kann, wenn Tatsachen die Annahme von künftigen Alkoholfahrten begründen.

Dies ist dann der Fall, wenn ab einem Promillewert von 1,1 oder darüberhinausgehend keine Ausfallerscheinungen festgestellt werden konnten. Betroffene Personen, die bereits aufgrund ihres Trinkverhaltens eine Alkoholgewöhnung aufwiesen, stünden in einer erhöhten Rückfallgefahr und könnten aufgrund ihrer Alkoholresillienz die Fahrsicherheit nicht mehr realistisch einschätzen.

Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Auszugsweise vorgebrachter Tenor:

[…] Nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sei von Alkoholmissbrauch u.a. dann auszugehen, wenn es – wie beim Kläger – zu einer einmaligen Fahrt unter hoher Alkoholkonzentration (ohne weitere Anzeichen einer Alkoholwirkung) gekommen sei. Von einem hohen Blutalkoholwert, dessen Erreichen oder Überschreiten auf hohe Trinkfestigkeit schließen lasse, sei ab 1,3 Promille auszugehen. Der Kläger habe ein Kraftfahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,35 Promille geführt. Der Verdacht einer Alkoholproblematik werde durch zusätzliche Tatsachen erhärtet. Nach den von der Polizei bei der Verkehrskontrolle getroffenen Feststellungen und dem ärztlichen Untersuchungsbericht seien beim Kläger trotz seines hohen Alkoholisierungsgrads nahezu keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen feststellbar gewesen. […]

[…] Hier war im Polizeibericht über die Verkehrskontrolle vermerkt, die Fahrweise sei auf der Beobachtungsstrecke von 150 m sicher gewesen, der Kläger habe das Haltezeichen sofort beachtet und normal gebremst. Das Aussteigen aus dem Fahrzeug sei normal, die Kleidung geordnet, die Sprache und der Gang seien unauffällig gewesen; es hätten auch sonst keine Auffälligkeiten bestanden. Der Arzt, der die Blutprobe entnommen hatte, hatte in seinem Untersuchungsbericht vom 12. November 2016 angegeben, beim Kläger seien die Finger-F-Pr(obe) und die Nasen-F-Pr(obe) sicher und die Sprache deutlich, das Bewusstsein klar, der Denkablauf geordnet und die Stimmung unauffällig gewesen. Das genügt unter den hier gegebenen Umständen den oben genannten Anforderungen. […]

Fazit

Grundsätzlich gilt: Alkoholgenuss und das Führen von Fahrzeugen sollten nicht kombiniert werden. Sie schützen nicht nur andere Verkehrsteilnehmer, sondern ersparen sich möglicherweise selbst eine MPU, wenn Sie das Auto nach einer durchzechten Nacht stehen lassen. Zu Themen rund um das Verkehrsrecht bietet Ihnen die bundesweit tätige Kanzlei BRAUN eine spezialisierte Beratung. Kontaktieren Sie einen der Standorte:

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