PKW - Beifahrer - Mitfahrer

Führer eines Pkw haftet bei Fenstersturz eines Mitfahrers mit

Die folgende Entscheidung stammt aus dem Jahr 1998, also dem Jahr der Lewinsky-Affäre rund um Bill Clinton und dem Jahr, in dem der Sänger Frank Sinatra starb. Parallel zu diesen Weltereignissen fiel irgendwo in Deutschland ein übermütiger Beifahrer aus einem Pkw-Fenster auf die Straße und zog sich dabei nicht unerhebliche Verletzungen sowie bleibende Schäden zu.

Der Fall landete schließlich vor dem Oberlandesgericht in Karlsruhe, welches mit seinem Urteil vom 24.07.1998 zu dem Aktenzeichen 10 U 24/98 die nachfolgende Entscheidung sprach.

Der Fall im Detail 

Doch zunächst erläutern wir der Entscheidung vorausgegangenen Fall. Hier hatte sich ein 19-Jähriger derart aus dem Fenster eines fahrenden Pkwgelehnt, dass er dabei herausfiel und sich erhebliche Verletzungen zuzog. Aufgrund des Unfalles erlitt er multiple Prellungen und Schürfungen, eine Gehirnerschütterung, eine schwere traumatische Schädigung der Netzhaut im rechten Auge sowie eine Einblutung im linken Innenohr mit leichter Hörminderung. Der Geschädigte verklagte den Fahrer des Wagens auf Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Wie entschied das Gericht?

Im Zuge der Urteilsfindung sprach das Gericht dem Kläger einen Anspruch auf Schmerzensgeld nach §§ 823, 847 BGB, 1 Abs. 2, 23 Abs. 1 StVO, 254 BGB zu. Dabei gab das Gericht dem Beklagten eine 50-prozentige Mitschuld an dem Unfall. Dieser sei seiner ihm nach § 1 Abs. 2 StVO obliegenden Verpflichtungen nicht nachgekommen.

Danach müsse sich jeder Verkehrsteilnehmer so verhalten, dass kein anderer geschädigt wird. Der Kläger im vorliegenden Fall habe sich als Beifahrer im Schutzbereich des Beklagten befunden. Wenn der Fahrer durch das Verhalten der Mitfahrer behindert werde, müsse er die Fahrt verweigern oder abbrechen. Gleiches gelte, wenn er bemerke, dass ein Mitfahrer durch unvorschriftsmäßiges Verhalten sich selbst oder andere gefährdet.

So das Gericht in einer Urteilsbegründung. 

Wie argumentierte der Beklagte?

Der beklagte Fahrer führte zu seiner Entlastung während der Verhandlung vor, er habe lediglich mitbekommen, wie der Beifahrer das Fenster heruntergekurbelt habe und sich dabei nichts gedacht. Über den Sturz sei erst durch einen weiteren Beifahrer informiert worden. Diese Aussage wurde aber durch das Gutachten eines Gerichtsmediziners widerlegt, wonach der Fahrer von dem Herauslehnen des Geschädigten nichts habe mitbekommen wollen.

Insbesondere die geringe Größe des Fahrzeuges und die anzunehmende Einstellung des Fahrersitzes hätte dazu führen müssen, dass der Beklagte von den Vorgängen direkt hinter seinem Sitz, beispielsweise durch Stöße gegen die Lehne, etwas mitbekam. Ein Blick in den Rückspiegel hätte ausgereicht, um sich des Vorganges auf den hinteren Sitzen zu vergewissern.

Schuldig sind Fahrer sowie Mitfahrer

Aufgrund der verkehrsgefährdenden Verhaltensweise der Mitfahrer, hätte der Beklagte nicht einfach weiterfahren dürfen. Diese Begründung reichte dem Gericht zur Erhebung des Fahrlässigkeitsvorwurfs. So die Richter. 

Auch der Kläger müsse sich jedoch ein Mitverschulden von 50 % gemäß § 254 BGB anrechnen lassen, da er sich in leichtfertiger Weise selbst gefährdet habe. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt zwar alkoholisiert, jedoch nicht in der Weise, dass er nicht mehr wusste, was er tat. Die Blutalkoholkonzentration habe bei etwa 1,3 Promille gelegen. Das Vorliegen eines abnormen oder pathologischen Rausches, was die freie Willensbestimmung des Klägers ausgeschlossen hätte und unter Umständen eine gesteigerte Fürsorgepflicht des Beklagten zur Folge gehabt hätte, wurde demnach nicht festgestellt.

Das Schmerzensgeld

Die Höhe des Schmerzensgeldes setzte das Gericht auf 20.000 DM (ca.10.000 €) fest. Zur Begründung der Summe führte das Gericht auf, dass der Geschädigte sich ca. 3 Wochen in stationärer Behandlung befunden habe. Darüber hinaus sei das rechte Auge dauerhaft geschädigt und in Folge dieser die Sehkraft auf 20 % reduziert. Weiterhin litt der Geschädigte auf dem linken Ohr an eine um ca. 10 % reduzierten Hörleistung, verbunden mit einem wahrnehmbaren leichten Rauschen im Ohr.

Der zum damaligen Zeitpunkt erst 19 Jahre alte Geschädigte müsse mit den Schädigungen der Hör- und Sehorgane für den Rest seines Lebens leben. Daher erachte das Gericht die festgesetzte Summe in Anbetracht der Umstände als angemessen.

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