Keine Haftung der Geschäftsführer gegenüber den Arbeitnehmern der GmbH
Eine Insolvenz, also jener Zustand eines Unternehmens, der diagnostisch entweder ein wirtschaftliches Wachkoma oder unter ungünstigen Umständen den Herzstillstand nebst Organversagen einläutet, hat weitreichende Auswirkungen, die sich auf die betroffenen Parteien, einschließlich Gläubiger, Schuldner und Mitarbeiter sowie auf die Wirtschaft im Allgemeinen erstrecken können.
Insbesondere in diesen Situationen, in denen ein Unternehmen ein derartiges Schicksal ereilt, in unserem Fall eine GmbH, entsteht oft die Frage unter den Gläubigern, ob sie die Geschäftsführer persönlich zur Verantwortung ziehen können. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wurde mit der Thematik konfrontiert, ob der Geschäftsführer einer GmbH persönlich haftbar ist, wenn die von der GmbH gezahlten Löhne unter dem gesetzlich festgelegten Mindestlohn liegen.
Mit dieser Frage hatte sich schlussendlich das Bundesarbeitsgericht befasst und entschieden – doch beginnen wir ganz von vorne: Ein langjähriger Mitarbeiter einer GmbH, der seit 1996 in ihrem Dienst stand, blieb im Juni 2017 ohne Lohn. Wenige Monate später wurde über die Vermögensverhältnisse des Unternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet. Der betroffene Arbeitnehmer entschied sich daraufhin, persönlich Schadensersatz in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns von den Geschäftsführern der insolventen GmbH zu fordern.
Arbeitnehmer gibt trotz Klageabweisung nicht auf
Trotz seiner Klageabweisung durch das Arbeitsgericht Gera und der Zurückweisung seiner Berufung durch das Landesarbeitsgericht Thüringen gab der betroffene Arbeitnehmer nicht auf. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) schloss sich jedoch in seinem Urteil vom 30.03.2023 zu dem Aktenzeichen 8 AZR 120/22 den Entscheidungen der unteren Instanzen an und wies die Revision des klagenden Arbeitnehmers zurück.
Gemäß einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts entbindet die Nichtzahlung des gesetzlichen Mindestlohns durch eine GmbH deren Geschäftsführer von einer persönlichen Haftung für Schadensersatz. Nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) könnten die Geschäftsführer jedoch einer möglichen Bußgeldzahlung unterliegen. Die Begründung hierfür liegt darin, dass der Bußgeldtatbestand nicht als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zu Gunsten der Arbeitnehmer im Verhältnis zu den Geschäftsführern fungiert.
Die Haftung von GmbH-Geschäftsführern ist beschränkt
Die Haftung von GmbH-Geschäftsführern ist gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich auf das Verhältnis zur Gesellschaft beschränkt. Die Pflicht der Geschäftsführer, sicherzustellen, dass die Gesellschaft sich rechtmäßig verhält und ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt, besteht nur gegenüber der Gesellschaft selbst. Daher kann eine Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung nur Schadensersatzansprüche der Gesellschaft begründen. Im Allgemeinen haften GmbH-Geschäftsführer nicht persönlich gegenüber Dritten.
Eine persönliche Haftung der GmbH-Geschäftsführer für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft tritt nur dann ein, wenn ein besonderer Haftungsgrund vorliegt. Bei der Nichtzahlung des Mindestlohns liegt jedoch kein solcher besonderer Haftungsgrund vor.
Amtsgericht empfiehlt Managerhaftpflichtversicherung
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) reiht sich nahtlos in die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und des BAG ein, die nur unter außergewöhnlichen Umständen eine persönliche Haftung von GmbH-Geschäftsführern anerkennt. Die jüngste Entscheidung des BAG unterstreicht jedoch erneut die Bedeutung für Geschäftsführer, bei Amtsantritt eine sogenannte D&O-Versicherung (Managerhaftpflichtversicherung) abzuschließen. Diese Versicherung kann den Geschäftsführern einen wichtigen Schutz bieten und sie vor persönlicher Haftung in bestimmten Fällen bewahren.
Die Kanzlei BRAUN berät seine Mandanten gerne als Fachanwalt für Insolvenzrecht und Sanierungsrecht und prüft das weitere Vorgehen im Falle eines Insolvenzverfahrens.