Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen auch nach altem Recht strafbar, so der BGH
Als Blüten werden umgangssprachlich falsche Banknoten bezeichnet. Die Deutsche Bundesbank hat im Jahr 2021 rund 42.000 falsche Euro-Banknoten im Nennwert von 1,9 Millionen Euro im deutschen Zahlungsverkehr registriert. Damit sank die Anzahl der Fälschungen gegenüber dem Vorjahr um 28,6 Prozent. Der Nennwert der sichergestellten Banknoten ging um 34,5 Prozent zurück. Hingegen blühte im Höhepunkt der Corona-Pandemie der Handel mit gefälschten Impfbescheinigungen und -pässen. Bundesweit gehen die Polizeibehörden deutlich mehr als 12.000 Verdachtsfällen wegen gefälschter Impfpässe nach.
Ist das strafbar?
Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 10.11.2022 zu dem Aktenzeichen 5 StR 283/22 entschieden, dass die Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen auch nach altem Recht, und zwar gem. § 264 StGB, strafbar sei, sodass keine Strafbarkeitslücke bestanden habe.
Der 5. Strafsenat in Leipzig hat mit der Entscheidung einen zuvor ergangenen Freispruch des Landgerichts Hamburg aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückverwiesen.
Was war passiert?
Zuvor hatte das Landgericht den Angeklagten im März 2022 wegen des Handels mit Betäubungsmitteln in großen Mengen zur Freiheitsstrafe verurteilt und ihn gleichzeitig vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfälschung freigesprochen. Gegen den Freispruch legte die Staatsanwaltschaft mit Erfolg Revision ein.
Der Angeklagte habe nach Kenntnis des Gerichts 19 unrichtige Impfbescheinigungen gegen Entgelt ausgestellt. Hierbei trug er die angeblich erfolgten Erst- und Zweitimpfungen gegen das Sars-CoV-2-Virus sowie die Impfstoffbezeichnung und Chargennummer in die von ihm erstellten oder bereits ausgestellten Impfpässe ein. Die Eintragungen wiederum wurden von dem Angeklagten dann mit einem vorgeblichen Stempel eines Impfzentrums sowie einer imitierten oder auch erfundenen Unterschrift eines angeblichen Impfarztes versehen.
Im Hinblick auf die damals vorherrschende Lage, war dem Angeklagten bewusst, dass der an ihn herantretende Personenkreis, die von ihm erstellten und gegen Entgelt angebotenen Impfausweise zum Zweck der Täuschung im Rechtsverkehr verwenden würden und zwar unter anderem, um in Apotheken einen digitalen Impfnachweis zu erhalten.
Warum zunächst ein Freispruch?
In seinem zunächst erfolgten Freispruch zum Vorteil des Angeklagten durch das Landgericht, stellte dieses in seiner Begründung fest:
Eine Strafbarkeit wegen Fälschung von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung (a. F.) sei nicht in Betracht gekommen, da die damalige Vorschrift eine Verwendung der Falsifikate bei einer Behörde oder einer Versicherung voraussetzte, was vorliegend bei Gebrauch in der Gastronomie oder in Apotheken nicht gegeben sei. Insoweit hat der Bundesgerichtshof keinen Rechtsfehler festgestellt. Einer Verurteilung wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB habe nach Ansicht des Landgerichts entgegengestanden, dass § 277 StGB a.F. eine abschließende Sonderregelung gewesen sei, die einen Rückgriff auf das allgemeine Urkundenstrafrecht verboten habe.
So entschied der Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof sah die Entscheidung des Landgerichts als rechtsfehlerhaft an und hob deshalb den Freispruch auf, mit der nachfolgenden Begründung:
Entgegen der Auffassung von Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung, denen das Landgericht gefolgt ist, handelt es sich bei § 277 StGB a.F. nicht um eine spezielle Vorschrift, die den Täter der Fälschung von Gesundheitszeugnissen im Verhältnis zu dem einer Urkundenfälschung privilegieren soll. Weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen oder dem Willen des Gesetzgebers lassen sich Anhaltspunkte für eine solche Privilegierung entnehmen. Erst recht entfaltet § 277 StGB a.F. keine „Sperrwirkung“ gegenüber der Urkundenfälschung (§ 267 StGB), wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen – so wie hier – nicht (vollständig) erfüllt ist.