Die wirtschaftlichen Herausforderungen in der deutschen Modebranche haben zunehmend Unternehmen in eine schwierige Lage gebracht. Im April 2023 verkündete der Herrenmodehersteller Ahlers seine Absicht, Insolvenzanträge für die Ahlers AG und sieben ihrer Tochtergesellschaften beim Amtsgericht Bielefeld einzureichen, da die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit drohte.
Zu den betroffenen Tochtergesellschaften zählen die Ahlers P.C. GmbH, Ahlers Retail GmbH, Ahlers Zentralverwaltung GmbH, Ahlers Vertrieb GmbH, Pioneer Berufskleidung GmbH, Pioneer Jeans-Bekleidung GmbH und Baldessarini GmbH. Die ausländischen Gesellschaften sind derzeit nicht von dieser Situation betroffen.
Die Gründe für die Insolvenz
Die Geschäftsführerin des Unternehmens, Stella Ahlers, erklärte, dass die Hauptgründe für die Entscheidung die schlechter als erwartet verlaufenden Geschäftsentwicklungen seien. Sie betonte, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die gestörten Lieferketten, die allgemeine Zurückhaltung beim Einkaufen, die hohe Inflation und Insolvenzen im Einzelhandel diesen Schritt unvermeidlich gemacht hätten. Dennoch zeigte sich Ahlers zuversichtlich und glaubt an zukünftige Möglichkeiten für das Unternehmen.
Ahlers, bekannt für seine renommierten Marken wie Baldessarini, Pierre Cardin, Pioneer und Otto Kern, verzeichnete im Geschäftsjahr 2021/22 einen Umsatz von 171 Millionen Euro. Dies entspricht einem beeindruckenden Anstieg von 19,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch blieben die Erlöse hinter den Werten von vor der Corona-Pandemie zurück, als sie im Geschäftsjahr 2018/2019 noch 207 Millionen Euro betrugen.
Zu jener Zeit beschäftigte Ahlers etwa 1.700 engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Von den betroffenen Tochtergesellschaften, für die Insolvenzanträge eingereicht wurden, waren rund 400 Beschäftigte betroffen. Für die Monate April, Mai und Juni erhielten sie Insolvenzgeldleistungen von der Bundesagentur für Arbeit.
Verkauf an die Röther-Gruppe
In einem weiteren Verlauf ergab sich für Ahlers die Möglichkeit, eine neue Ausrichtung nach dem Verkauf an die Textilhandelskette Röther. Die Röther-Gruppe plant nun den Erwerb aller materiellen und immateriellen Vermögenswerte, die für die Fortführung der Ahlers-Gruppe mit ihren erstklassigen Marken wie Pierre Cardin, Baldessarini, Pioneer Jeans und Pionier Berufskleidung erforderlich sind. Diese Transaktion wurde von Ahlers‘ Insolvenzverwalter Biner Bähr am Montag in Herford bekannt gegeben.
Darüber hinaus erwirbt die Röther-Gruppe auch sämtliche Anteile an der Otto Kern-Gesellschaft sowie an den Vertriebsunternehmen in Polen, der Schweiz, Frankreich, Österreich, Ungarn und Spanien. Ebenso werden die Anteile an der Produktionsgesellschaft in Sri Lanka übernommen. Trotz dieser strategischen Neuausrichtung werden bedauerlicherweise etwa 300 Arbeitsplätze wegfallen, wobei die Mehrzahl davon in Deutschland betroffen ist. Dennoch können 170 Stellen bei den inländischen insolventen Ahlers-Firmen erhalten bleiben, die zuvor noch 400 Stellen umfassten.
Mehrere Händler in Insolvenz
Laut dem Bericht des „Handelsblatts“ haben allein im ersten Quartal dieses Jahres 27 Mode- und Schuhhändler Insolvenz angemeldet. Dies entspricht mehr als dem doppelten Wert im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie eine Analyse der Unternehmensberatung Falkensteg für das „Handelsblatt“ zeigt. Im Gegensatz dazu ist die Gesamtzahl der Insolvenzen in der Wirtschaft lediglich um 20 Prozent gestiegen.
Zahlreiche Modeunternehmen betroffen
Kürzlich kündigte der Modehersteller Gerry Weber an, beim Essener Amtsgericht die Einleitung eines Verfahrens nach dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) zu beantragen, um den finanziellen Sanierungsprozess des Unternehmens zu beschleunigen. Das Ziel des StaRUG-Verfahrens ist es, Unternehmen die Möglichkeit zu bieten, ihre Geschäfte zu sanieren, ohne ein Insolvenzverfahren durchlaufen zu müssen. Gleichzeitig wird das deutsche Einzelhandelsgeschäft der Gerry Weber Retail GmbH mithilfe eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung restrukturiert.
Auch andere namhafte Mode- und Schuhkonzerne kämpften in den letzten Jahren um ihr Überleben. Der Modehändler P&C beantragte vor Kurzem ein Schutzschirmverfahren. Dabei handelt es sich um ein gerichtliches Restrukturierungsverfahren, das es dem Unternehmen ermöglicht, die erforderlichen Maßnahmen zur Restrukturierung und Sanierung in eigener Verantwortung zu erarbeiten und unter Aufsicht eines gerichtlich bestellten vorläufigen Sachwalters kurzfristig umzusetzen.
Auch die Schuhhandelskette Reno meldete kürzlich Insolvenz an, während der Hamburger Schuhhändler Görtz im vergangenen Jahr in die Pleite schlitterte. Die Situation in der Mode- und Schuhbranche bleibt herausfordernd.
Es bleibt derweil zu hoffen, dass die Modebranche ähnlich wie damals Theseus mithilfe des Ariadnefadens wieder aus dem Labyrinth der wirtschaftlichen Abwärtsspirale herausfinden wird. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht und Sanierungsrecht halten wir Sie auf dem Laufenden.