Fangen wir zunächst mit der Geschichte mit der Katze an. Die geht wie folgt: Eine Amerikanerin kommt auf die Idee, ihre Katze zum Trocknen in die Mikrowelle zu stecken. Das arme Tier stirbt dabei elendig, woraufhin die Frau den Hersteller auf Schadenersatz in Millionenhöhe verklagt. Schließlich habe nirgendwo ein Warnhinweis gestanden, dass man Tiere nicht in die Mikrowelle stecken darf. Die Frau gewinnt den Prozess – und ist nun Millionärin mit neuer Katze.
Die andere Geschichte beschreibt einen Geisterfahrer, der auf dem Radschutzstreifen entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung unterwegs war und daraus folgend mit einem Passanten kollidierte. Im Rahmen des Schuldspruches trägt er 90 Prozent der Schuld, während der Fußgänger mit 10 Prozent Schuldanteil an dem Unfall davon kommt.
Welche der beiden Geschichten ist nun einer urbanen Legende zuzuordnen? Es ist die Geschichte mit der Katze in der Mikrowelle.
Geisterfahrten: ein reales Problem
Weiterhin interessant ist das Urteil zu dem Geisterfahrer auf dem Radfahrerschutzstreifen. Denn rund 1.732 Meldungen zu Geisterfahrern zählten die ADAC-Verkehrsexperten 2020 auf Autobahnen. Das bedeutete zwar bundesweit einen Rückgang um neun Prozent, allerdings stiegen in einzelnen Ländern die Zahlen an, wie in Rheinland-Pfalz von 133 auf 150 und in Baden-Württemberg von 132 auf 139. Wegen Falschfahrens gab es 2019 laut der amtlichen Statistik 61 Unfälle. Neun Kollisionen verliefen tödlich, elf Menschen kamen dabei ums Leben.
Geisterfahrten mit dem Fahrrad
Allerdings handelt es sich hier um einen Radfahrer, der auf dem oben benannten Weg mit einem Fußgänger zusammengestoßen ist, und nicht, wie vielleicht vermutet, um einen PKW. Für Radfahrer gelten oft die gleichen Regeln wie für PKW-Fahrer, wonach diese gem. § 2 Abs.2 Straßenverkehrsordnung (StVO) möglichst weit rechts fahren müssen. Wer von dieser Grundregel abweicht, ist bereits ein Geisterfahrer. Befindet sich in jede Fahrtrichtung ein Radweg, dürfen Radfahrer auch nur den rechten Radfahrstreifen benutzen. Dies legt § 2 Abs. 4 StVO fest. Der linke Radweg ist generell tabu.
Befährt nun ein Radfahrer in unerlaubter Weise den in seiner Fahrtrichtung linksseitigen Radfahrschutzstreifen und stößt dabei mit einem von links auf die Fahrbahn tretenden Fußgänger zusammen, so trifft ihn zumindest das ganz überwiegende Verschulden, wie dies aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 09.05.2017, Aktenzeichen 4 U 233/16 hervorgeht.
Der Fall und das Urteil
Im konkreten Fall waren sowohl dem Radfahrer, der darüber hinaus mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war, als auch dem Fußgänger wegen einer auf dem Gehsteig stehenden Personengruppe die Sicht versperrt. Das OLG aus seinem Urteil:
- Ein Radfahrer, der bei auf jeder Straßenseite vorhandenen Fahrradschutzstreifen den in seiner Fahrtrichtung linken benutzt, verstößt gegen das Rechtsfahrgebot.
- Fußgänger, die von links die Straße überqueren wollen, sind ihm gegenüber zwar gleichwohl wartepflichtig.
- Den Radfahrer trifft bei der Benutzung des linken Fahrradschutzstreifens jedoch aus § 1 II StVO eine gesteigerte Vorsichtspflicht, darauf zu achten, ob nicht von links kommende Fußgänger die Straße überqueren wollen. Deren Missachtung kann eine überwiegende Haftung für den Schaden des bei einem Zusammenstoß verletzten Fußgängers aus § 823 I BGB rechtfertigen.
Das Oberlandesgericht Frankfurt verurteilte den Fahrradfahrer zur Übernahme des Unfallschadens in Höhe von 90 Prozent. Der Fußgänger musste sich wegen der eigenen Unaufmerksamkeit lediglich ein Mitverschulden von 10 Prozent anrechnen lassen.
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