Aus der Reihe die beste aller juristischen Welten IV
Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, aber gründlich. Dies könnte sich nun durch die voranschreitende Digitalisierung der Justiz und die damit einhergehenden Maßnahmen ändern – zumindest die Geschwindigkeit betreffend. Hierzu gehören die Abschaffung von physischen Unterschriften, die Vereinfachung des Übergangs zur elektronischen Akte, die sogenannte E-Akte und die Erweiterung der Anwendungsbereiche für Videoverhandlungen. Diese Schritte sind in einem Referentenentwurf zur weiteren Digitalisierung des Justizwesens enthalten, der neulich vom Bundesministerium der Justiz veröffentlicht wurde.
Der vorgeschlagene Gesetzentwurf sieht eine Reihe von Innovationen vor, um die Justiz zu digitalisieren. Zu den vorgesehenen Änderungen gehört die Vereinfachung digitaler Strafanträge. Bisher konnten Strafanträge nur schriftlich oder elektronisch über sichere Kanäle eingereicht werden. In Zukunft wird es möglich sein, Strafanträge per E-Mail oder Online-Formular zu stellen, vorausgesetzt, die Identität des Antragstellers und der Wunsch, die Straftat zu verfolgen, sind eindeutig erkennbar. Dies spart Zeit und Papierarbeit.
Elektrische Kommunikation wird erleichtert
Des Weiteren wird die elektronische Kommunikation erleichtert. Rechtsanwälte können Anträge und Erklärungen ihrer Mandanten als Scan an Gerichte übermitteln. Statt auf Papierformulare angewiesen zu sein, können Anwälte beispielsweise gescannte Dokumente verwenden, um die Kommunikation zu vereinfachen. Selbst die Kündigung von Verträgen kann elektronisch erfolgen, um die Medienbrüche zu minimieren.
Die digitale Rechnungsstellung von Rechtsanwälten wird ebenfalls erleichtert, indem auf eine physische Unterschrift bei den Rechnungen verzichtet wird, wodurch Rechnungen ohne Medienbrüche elektronisch erstellt und übermittelt werden können.
Die Kommunikation von Unternehmen mit der Justiz wird erleichtert, da Unternehmen ihre Organisationskonten nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) mit dem elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach verbinden können. Dies ermöglicht es Unternehmen, Dokumente elektronisch zu übermitteln. Im Insolvenzrecht wird die elektronische Forderungsanmeldung in allen Verfahren möglich sein, um den Prozess zu beschleunigen.
Die Übergangsphase
Der Umstieg auf die elektronische Akte wird ab dem 1. Januar 2026 obligatorisch. Um diesen Übergang zu erleichtern, werden Hybridakten ermöglicht, bei denen elektronische und Papierdokumente kombiniert werden können. Dies erleichtert die Umstellung und spart Ressourcen.
Schließlich wird die Teilnahme an strafgerichtlichen Hauptverhandlungen im Revisionsverfahren per Videokonferenz ermöglicht. Angeklagte, Verteidiger und die Staatsanwaltschaft können künftig per Videokonferenz an der Hauptverhandlung teilnehmen, um Zeit und Ressourcen zu sparen und die Terminplanung flexibler zu gestalten. Diese Maßnahmen sollen die Justiz effizienter und zeitgemäßer gestalten, indem sie den Einsatz digitaler Technologien fördern.
Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann erklärte hierzu:
„Wir haben in der digitalen Kommunikation mit der Justiz schon viele Fortschritte erreicht. Immer noch notwendige Unterschriften mit Stift und Papier wirken hier wie Sand im Getriebe. Das ist nicht nur lästig, sondern sorgt auch für unnötigen Mehraufwand in der Verwaltung. Das ändern wir jetzt. Wer zum Beispiel über eine Internetwache eine Strafanzeige stellt, kann den Strafantrag gleich digital miterledigen. Und auch die digitale Kommunikation zwischen Mandanten, Anwaltschaft und Gerichten wird künftig weiter erleichtert. Damit entlasten wir die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Justiz. Den Ländern geben wir eine wichtige Starthilfe beim Umstieg auf die E-Akte. Mit der neuen Möglichkeit einer Hybridakte können sie bereits loslegen, ohne dass zuvor meterweise Altaktenbestände aufwändig digitalisiert werden müssen.“
Verbesserte Effizienz und höhere Qualität
Aus Sicht des Bundesministers mag die Effizienzsteigerung im Vordergrund stehen. Aus Sicht des Bürgers ist die Digitalisierung aber ein weiterer signifikanter Qualitätssprung in der Rechtsprechung. Die Digitalisierung ermöglicht nämlich nunmehr ortsunabhängige Gerichtsverhandlungen. Mit anderen Worten: Ein Münchner Rechtsanwalt kann unproblematisch an einer Verhandlung in Hamburg teilnehmen und umgekehrt. Er wird zukünftig bei kleinen Streitwerten keinen Rechtsanwalt mehr vor Ort suchen, der für ihn den Gerichtstermin wahrnimmt. Damit verhandelt zukünftig in allen Fällen der Anwalt vor Gericht, der den Fall bearbeitet hat.
Das ist beispielsweise bei Verkehrssachen eine sehr relevante Verbesserung. Dort gibt es oft kleine Streitwerte und noch öfter finden die Prozesse weit entfernt vom Wohnort des Mandanten statt. In Verkehrssachen ist es daher bisher üblich, dass der Fall am Wohnort des Mandanten bearbeitet wird, da dort der Anwalt seiner Wahl sitzt und von einem völlig fremden Anwalt vor Gericht verhandelt wird, da dieser am Ort des Gerichtes seine Kanzlei hat und der Streitwert zu gering ist, als dass sich der Anwalt am Wohnort des Mandanten eine Fahrt zu Gericht leisten könnte.
Die Digitalisierung, die der Staat zur Kosteneinsparung vorantreibt, hat daher den positiven Nebeneffekt, dass dadurch die Qualität der Rechtsprechung zunehmen wird. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht und Sanierungsrecht freut sich die Kanzlei BRAUN auf die Änderungen und blickt der Zukunft gespannt entgegen.