Für Radfahrer gilt beim Überholen von Pferden eine besondere Sorgfaltspflicht
Begegnen sich Ross und Drahtesel auf einer gemeinsamen Strecke und werden dabei Verkehrsregeln außer Acht gelassen, so kann es unter ungünstigen Umständen zu einem Unfall kommen. Ein Verstoß gegen die Vorschrift der Straßenverkehrsordnung zum Überholen begründet die Mithaftung des Radfahrers. Dies entschied das Landgericht Frankenthal in seinem Urteil vom 05.06.2020, Aktenzeichen 4 O 10/19.
Was war genau geschehen?
Ein Fahrer eines sogenannten Liegefahrrads wollte auf einem Radweg zwei Pferde überholen, die sich zum selben Zeitpunkt auf der Strecke befanden. Beim Überholvorgang hielt der Radfahrer den erforderlichen Mindestabstand nicht ein. Im Zuge der Überholung schlug eines der Pferde mit dem Huf aus, der Fahrradfahrer stürzte dabei von seinem Gefährt auf den Radweg und erlitt als Folge Prellungen, Schürfwunden sowie eine Verletzung an der Hand. Dabei muss festgestellt werden, dass die beiden Reiterinnen den Radweg verbotenerweise benutzt hatten.
Das Urteil
Dennoch sprach das Gericht in seinem Urteil dem Radfahrer eine Mitschuld am Unfallgeschehen und den daraus resultierenden Verletzungen zu. Das Mitverschulden des Radfahrers begründete das Gericht mit der Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes beim Überholen. Er bekam jedoch ein Schmerzensgeld von 3.000 Euro zugesprochen.
Die Urteilsfindung
In seiner Urteilsfindung stellte das Gericht zunächst fest, dass für die Halterin des Pferdes eine Tierhalterhaftung besteht. Nach dieser ist ein Tierhalter, bzw. in diesem Falle die Tierhalterin, grundsätzlich für alle Schäden haftbar zu machen, welche das Tier verursacht. In diesem konkreten Fall konnte die Tierhalterin sich von der Haftung auch nicht freisprechen, da sie im vollen Bewusstsein den Radweg verbotswidrig zum Ausritt mit dem Pferd benutzt hatte.
Aber auch der Radfahrer trage an dem Unfallgeschehen eine Mitschuld, schließlich habe er sich beim Überholvorgang falsch verhalten. Denn für Radfahrer gelten die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zum Überholen auch dann, wenn sich, verbotenerweise, Pferde auf dem Radweg befinden. Zusätzlich sei zu beachten, dass bei einem Pferd, wie bei anderen Tieren im Übrigen auch, immer mit einer unvorhergesehen Verhaltensweise gerechnet werden müsse.
Aus diesem Grund war ein Sicherheitsabstand von nur einem Meter, wie dies hier der Fall war, nicht ausreichend. Vielmehr hätte eine Distanz von mindestens 1,5 bis 2 Metern eingehalten werden müssen. Zudem habe sich der Radfahrer nicht über das Überholen mit den beiden Reiterinnen verständigt, was jedoch problemlos möglich gewesen wäre. Deshalb hat das Landgericht Frankenthal entschieden, dass der Radfahrer im Straßenverkehr beim Überholen einen Sicherheitsabstand von mindestens eineinhalb bis 2 Meter einhalten müsse, der sich an der besonderen Gefährlichkeit im konkreten Fall orientiere.
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