Schuld und Sühne
Wer zu schnell auf Deutschlands Straßen unterwegs war, der bekam die neue Regelung des Bußgeldkatalogs gnadenlos zu spüren: Der Führerschein war meistens schneller weg als die auf der Straße erreichte Geschwindigkeit zum Tatzeitpunkt. Nun ist alles anders, zumindest teilweise. Raser, die nach dem neuen Bußgeldkatalog ihren Führerschein abgeben mussten, dürfen aufatmen. Denn die Fehlerhaftigkeit des Bußgeldkatalogs sorgt dafür, dass die Verkehrssünder ihre Führerscheine zurückerhalten. Dennoch bleiben die begangenen Überschreitungen nicht ohne Konsequenzen für die Betroffenen.
Was besagt der neue Bußgeldkatalog?
Der Grund für die Aussetzung der Strafe und in diesem Zusammenhang des neuen Strafkatalogs liegt in einem Formfehler. Die Rücknahme des Strafkatalogs berührt jedoch nicht die bereits erhaltenen Punkte in Flensburg oder das verhängte Bußgeld – beides bleibt weiterhin bestehen. Die Novelle des Bußgeldkataloges sah vor, so die Bundesländer, dass der Führerscheinentzug für einen Monat bereits ab dem Überschreiten der Geschwindigkeit von 21 km/h innerorts sowie außerorts bei 26 km/h über der Geschwindigkeitsbegrenzung erfolgen sollte. Der Bundesverkehrsminister hielt diese Regel für überzogen, dennoch erfolgte die Aufnahme in den Bußgeldkatalog.
Wer ist betroffen?
Es handelt sich hier konkret um Sanktionen gegen Verkehrsteilnehmer, die im Zeitraum zwischen dem 28. April und dem 03. Juli 2020 gegen die StVZO verstießen. In diesem Zeitraum wurden zum Beispiel im Bundesland Hessen Geschwindigkeitsverstöße nach dem neuen Bußgeldkatalog des Bundesverkehrsministeriums geahndet. Es kam infolgedessen zu etwa 15.000 verhängten Fahrverboten. Doch inzwischen ist das Geschichte, denn der drakonische Strafkatalog ist mittlerweile ungültig.
Was ist noch unklar?
Unklarheit herrschte indes darüber, was mit Führerscheinen passieren soll, die für Geschwindigkeitsüberschreitungen aufgrund der neuen Verordnung eingezogen werden mussten oder bereits abgegeben worden sind. Ein Ministerialerlass aus Wiesbaden an die Zentrale Bußgeldstelle in Kassel regelt nun, wie die Behörden mit den in der Schwebe befindlichen Verfahren umzugehen haben. So gab der Kasseler Regierungspräsident Hermann-Josef Klüber von der Union bekannt, dass bereits eingezogene Führerscheine an die Betroffenen zurückgeschickt werden würden. Das verhängte Bußgeld und die Punkte in Flensburg würden aber weiterhin bestehen bleiben.
Wie geht es weiter?
Verkehrsverstöße werden, zumindest in Hessen, vorerst wieder nach den Regelungen des alten Strafkatalogs geahndet. Konkret bedeutet es, dass Autofahrer die innerorts mehr als 21 km/h zu schnell fahren und dabei erwischt werden, ihren Führerschein vorerst behalten dürfen und diesen nicht für einen Monat abgeben müssen. Den Führerscheinentzug gibt es also erst ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 31 km/h.
Bundes- oder Landessache?
Die Straßenverkehrsordnung ist Sache des Bundes. Dieser habe die Länder aufgefordert, die Regelungen des alten Bußgeldkataloges anzuwenden. Eine einheitliche Handlungslinie ist indes noch nicht gefunden worden. Neben dem Bundesland Hessen kehrten auch andere Bundesländer zu der alten Regelung zurück, darunter:
- Nordrhein-Westfalen
- Schleswig-Holstein
- Hamburg
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Rheinland-Pfalz
- Brandenburg
- Sachsen
und auch Baden-Württemberg dürfte bald nachfolgen. Hier war das Chaos ebenfalls gewaltig, denn ca. 100.000 Autofahrer waren insgesamt betroffen. Rund 1.000 Personen bekamen dabei den Führerschein entzogen. Diese erhalten nun ihren Führerschein wieder zurück.
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