Mithaftung des Hintermanns beim Abbiegen ohne Blinker gegeben?
Dem Phänomen begegnet man als Verkehrsteilnehmer, ob nun in der Rolle des Autofahrers oder als Passant, nicht allzu selten. Der Fahrer eines Autos kündigt sein Abbiegemanöver nicht an, sondern fährt einfach in die Straße ein. Für Passanten und Radfahrer mitunter lebensgefährlich, für andere Autofahrer droht hier in nicht wenigen Fällen ein Sachschaden oder die Mithaftung am Unfall.
Gilt die Mithaftung, wenn der Vordermann nicht geblinkt hat?
Zu einem Fall der Mithaftung am Unfall durch einen Hintermann hat das Landgericht Gera zu dem Aktenzeichen 3 O 721/20 ein Urteil erlassen. Dem Fall ging der folgende Sachverhalt voraus. Eine Verkehrsteilnehmerin parkte zunächst ihren PKW am Straßenrand, woraufhin sie wieder mit Tempo 20/km/h auf den rechten Fahrstreifen auffuhr. Ein nachfolgender Fahrer befuhr die Straße mit seinem PKW mit Tempo 45 km/h und wollte die Frau aufgrund ihrer langsamen Fahrt überholen.
Just in diesem Moment startete die Frau ein Abbiegemanöver nach links, ohne dabei einen Blinker gesetzt zu haben. Es kam zum Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge. Die Versicherung der Fahrerin verweigerte die komplette Kostenübernahme, da sie von einer Mitschuld des Hintermanns ausging. Dieser hätte bei unklarer Verkehrslage ein Überholmanöver gestartet.
Wie entschied das Gericht zur Mitschuld?
Das Gericht folgte der Auffassung. Jedoch lastete es die Hauptschuld mit 80 Prozent der Verkehrsteilnehmerin an. Zum einen habe diese beim Abbiegen keinen Blinker gesetzt, zum anderen habe sie sich vor dem Abbiegen nicht bis zur Mitte der Fahrbahn eingeordnet. Und sie achtete darüber hinaus nicht nochmals direkt vor dem Abbiegen auf den rückwärtigen Verkehr.
Der Mann haftete hingegen zu 20 Prozent, denn er überholte bei unklarer Verkehrslage. Die Fahrerin war schon ohne Blinker langsam auf die Straße gefahren, so wären weitere Verkehrsverstöße nicht ausgeschlossen gewesen. So das Gericht in seiner Urteilsfindung.
Wann muss geblinkt werden?
Viele Autofahrer verzichten aus unterschiedlichen Gründen darauf, den Blinker zu setzen – insbesondere dann, wenn nur wenig Verkehr herrscht oder sie ganz allein auf der Straße unterwegs sind. Dabei ist in der Straßenverkehrsordnung (StVO) genau festgelegt, wann der Fahrtrichtungsanzeiger benutzt werden muss. Laut § 9 Abs. 1 S. 1 StVO gilt unter anderem Folgendes:
Wer abbiegen will, muss dies rechtzeitig und deutlich ankündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.
Laut StVO muss dabei rechtzeitig und deutlich geblinkt werden. Genaueres regelt das Gesetz nicht. Rechtzeitig bedeutet per Definition aber: Andere Verkehrsteilnehmer können sich rechtzeitig auf den Spurwechsel oder Abbiegevorgang einstellen. Dreimal soll der Blinker dabei mindestens aufleuchten.
Was passiert, wenn man nicht gemäß StVO blinkt?
Sollte ein Verkehrsteilnehmer dies missachte und dabei erwischt werden, sind laut Bußgeldkatalog zwischen 10 und 30 Euro fällig. Kommt es gar zum Unfall, wie in unserem Fall geschildert, wird meist dem nicht blinkenden Verkehrsteilnehmer die Hauptschuld angelastet.
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