Zu viele Parkverstößen können den Entzug der Fahrerlaubnis nach sich ziehen
Die Parkplatzsituation in Großstädten und die damit verbundene Suche nach einem solchen dürfte den meisten Autofahrern hinlänglich bekannt sein. Laut einer im Jahr 2017 durchgeführten INRIX-Studie hat die Hälfte der Autofahrer in Deutschland im Jahr 2016 Strafzettel wegen Falschparkens kassiert. Und damit mehr als doppelt so viele wie in Großbritannien und den USA. Die Gesamtkosten belaufen sich dabei auf rund 380 Mio. Euro. Rund 57 % der befragten Deutschen würden gar nicht für das Parken bezahlen, wären sie sich sicher, nicht erwischt zu werden. Die meisten Strafzettel im Jahr 2016 wurden in den folgenden Städten von den Fahrern gesammelt: Stuttgart, Frankfurt, Berlin und Köln.
Zu einem ähnlichen Gedankengang, nämlich des nicht erwischt werden, könnte auch der Fahrer des nachfolgenden Falles gekommen sein, der schließlich vor dem Verwaltungsgericht in Berlin mit dem Urteil vom 28.10.2022 zum Aktenzeichen 4 K 456/21 seinen Ausklang gefunden hat.
Was war passiert?
Der Fahrer und spätere Kläger war seit 1995 Inhaber einer Fahrerlaubnis der damals betitelten Kategorie Klasse 3. Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin hat im Juli 2021 davon Kenntnis erlangt, dass gegen den Fahrer innerhalb eines Jahres 174 Verkehrsordnungswidrigkeiten anhängig waren, davon 159 Parkverstöße und 15 Geschwindigkeitsüberschreitungen.
Hierzu wurde der spätere Kläger von der Behörde angehört und im Nachgang entzog diese ihm die Fahrerlaubnis aufgrund fehlender Kraftfahreignung. Das wollte der Betroffene nicht hinnehmen und argumentierte dagegen, die Verstöße mit den drei auf ihn zugelassenen Fahrzeugen wären von anderen Personen begangen worden. Gegen die ergangenen Entscheidungen habe er lediglich keine Rechtsmittel eingelegt, um der Behörde Arbeit zu ersparen, so der Kläger. Darüber hinaus sei die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage als mildestes Mittel zuvor angezeigt gewesen, schließlich sei der Kläger beruflich auf die Fahrerlaubnis angewiesen.
Wie entschied das Gericht?
Diesem Vortrag des Klägers vermochte das Verwaltungsgericht nicht folgen und wies die Klage mit der folgenden Begründung ab:
[…] Zu Recht sei die Behörde von einer mangelnden Fahreignung des Klägers ausgegangen. Zwar hätten dem Bagatellbereich zuzurechnende Verkehrsordnungswidrigkeiten bei der Prüfung der Fahreignung grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Anders sei dies aber, wenn ein Kraftfahrer offensichtlich nicht willens sei, im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffene bloße Ordnungsvorschriften zu beachten. Hier begründe bereits die Anzahl der für sich genommen unbedeutenden Verstöße, die nahezu ausnahmslos im Wohnumfeld begangen worden seien, Zweifel an der Eignung des Klägers.
Es komme auch nicht darauf an, ob möglicherweise andere Familienangehörige für die Verstöße verantwortlich seien. Denn derjenige, der durch zahlreiche ihm zugehende Bußgeldbescheide erfahre, dass Personen, die sein Fahrzeug benutzten, laufend gegen Verkehrsvorschriften verstießen, und dagegen nichts unternehme, zeige hierdurch charakterliche Mängel, die ihn selbst als einen ungeeigneten Verkehrsteilnehmer auswiesen. Sei die Entscheidung zur Entziehung zwingend vorgesehen, komme es auch nicht darauf an, ob der Betroffene die Fahrerlaubnis beruflich benötige. […].
Deutschland, Nation der Falschparker?
Laut der bereits zu Beginn vorgestellten Studien kosten die verschwendete Zeit, der zusätzliche Kraftstoff und die zusätzliche Abgasbelastung durch die Parkplatzsuche die Deutschen im Jahr mehr als 40 Milliarden Euro: 896 Euro pro Fahrer. Zudem soll sich Deutschland laut der Studie als „Nation der Falschparker“ erweisen. In Wirklichkeit ist die Parkplatzsituation in den anderen Nationen weniger dramatisch als in Deutschland.
Auch wenn der oben geschilderte Fall etwas extrem ist und in naher Zukunft keinem durchschnittlichen Autofahrer der Entzug der Fahrerlaubnis droht, dürfte wegen der stetig zunehmenden Parkplatznot die Anzahl der ausgesprochenen Bußgelder weiter zunehmen. Bei weiteren Fragen zum Verkehrsrecht steht Ihnen die Kanzlei BRAUN an diversen Standorten deutschlandweit gerne fachkundig zur Seite.