Dem Begründer der Homöopathie Samuel Hahnemann zufolge sollte gemäß dem von ihm formulierten Ähnlichkeitsprinzip Similia Similibus Curentur der verabreichte Arzneistoff dem zu bekämpfenden Leiden gleichen und dieses lindern. In klaren Worten ausgedrückt, wäre Schlaflosigkeit mit einem nach dem Dezimalprinzip zigfach abstufend verdünnten Arzneimittel und dem Leidenden verabreicht Schlafentzug zu therapieren.
Ob die Wirksamkeit dann tatsächlich dem Arzneimittel oder der Vorstellungskraft des Patienten geschuldet ist, sei dahin gestellt – die Wissenschaft zumindest bezweifelt die Wirksamkeit der Homöopathie. Indes ist es aber nicht zweifelhaft, dass die Anzahl der Apotheken kontinuierlich sinkt und so auf dem Markt ein Verdünnungseffekt sichtbar wird. Dass allerdings dem Schwinden mit weiterem Abbau von Apotheken geholfen werden dürfte, ist mehr als zweifelhaft. Es bleibt also die Frage, ob hier die gute alte Bittere Pille zum gewünschten Ergebnis führen wird – zumindest die aktuell veröffentlichen Zahlen der ABDA sind mehr als unerfreulich.
Die neuesten Statistiken der ABDA werfen ein besorgniserregendes Licht auf die Entwicklung im Apothekenwesen im ersten Halbjahr 2023. Die Anzahl der geschlossenen Apotheken übertrifft erneut deutlich die Zahl der Neueröffnungen. Zum Ende des Monats Juni wurden landesweit nur noch 17.830 Apotheken gezählt, was einem Rückgang von 238 Apotheken gegenüber dem Jahresende 2022 entspricht.
Immer weniger Apotheken in Deutschland
Die Abnahme der Apotheken in Deutschland setzt sich also fort und hat sich im ersten Halbjahr 2023 sogar verstärkt. Die ABDA teilte in ihrer Wirtschaftspublikation mit, dass die Gesamtzahl der Apotheken in diesem Zeitraum um 238 gesunken ist. Zum Vergleich: Zum Ende des Jahres 2022 waren es noch 18.068 Apotheken. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden lediglich 34 Neueröffnungen verzeichnet, während 272 Apotheken schließen mussten. Ein Blick auf die Zahlen der vergangenen Jahre verdeutlicht die besorgniserregende Tendenz. Im Jahr 2022 wurden in den ersten sechs Monaten 205 Apotheken geschlossen, während es im ersten Halbjahr 2021 162 waren.
Die aktuellen Daten von ABDA verdeutlichen nicht nur den anhaltenden Rückgang der Apothekenanzahl, sondern auch die sich verstärkende Dynamik dieser Entwicklung. Über viele Jahre hinweg sank die Zahl der Apotheken jährlich um etwa 300 Einrichtungen. Im Jahr 2022 jedoch verzeichneten wir einen bemerkenswerten Rückgang von 393 Apotheken und im ersten Quartal 2023 setzte sich dieser Trend mit einem weiteren Rückgang um 129 Apotheken fort. Ein Ende dieses Abwärtstrends ist nicht abzusehen.
Überproportionaler Anstieg von Schließungen bei Filialen
Besonders augenscheinlich wird die neue Qualität dieses Problems bei den Filialapotheken, von denen im letzten Jahr 30 schließen mussten. Im Jahr 2021 war ihre Zahl noch um 100 gestiegen. Im Jahr 2022 wurden 263 eigenständige Hauptapotheken oder Einzelapotheken geschlossen (im Vorjahr waren es 278) sowie 198 Filialapotheken (im Vorjahr waren es 91), was einen überproportionalen Anstieg der Schließungen bei den Filialen darstellt.
Diese Schließungswelle wirkt sich somit besonders stark auf diese Art von Apotheken aus, was eine neuartige Entwicklung ist. Die Auswirkungen dieser Schließungen zeigen sich in der Apothekendichte, die im Osten bei 23,4 Apotheken pro 100.000 Einwohner und im Westen bei 21,4 Apotheken pro 100.000 Einwohner liegt. Im Westen liegt dieser Wert sogar unter dem von 1975, der bei 21,9 lag. Der Rückgang der Apothekenanzahl ist bereits seit 2008 zu verzeichnen, aber bislang konnte ein Anstieg der Beschäftigten in Apotheken beobachtet werden. Seit 2020 ist jedoch auch ein leichter Rückgang in dieser Kategorie zu verzeichnen. Die steigende Anzahl von Teilzeitbeschäftigten verdeutlicht, dass die Beschäftigung in Apotheken rückläufig ist.
Arzneimittelabsatz steigt, Apotheken profitieren wenig
Im Verlauf des Jahres 2022 verzeichneten Apotheken einen ungewöhnlichen Anstieg im Arzneimittelabsatz, der entgegen dem langfristigen Trend auf 1.405 Millionen Packungen stieg. Dieser Anstieg wurde begleitet von einem Anstieg des Anteils rezeptfreier Arzneimittel von 41,3 Prozent im Vorjahr auf 43,7 Prozent. Die Ursache hierfür dürfte in der außergewöhnlich starken Verbreitung von Atemwegserkrankungen im Herbst des Jahres liegen.
Der Nettowarenumsatz in Apotheken stieg ebenfalls gemäß dem langfristigen Trend auf 64,27 Milliarden Euro an. Dieser Anstieg dürfte in erster Linie auf die kontinuierlich steigenden Preise für neue Arzneimittel zurückzuführen sein. Allerdings profitierten die Apotheken aufgrund ihrer hauptsächlich packungsbezogenen Vergütung nur in geringem Maße von diesem Trend.
Die Entwicklung der Umsätze
Die pandemiebedingten Sonderumsätze gingen spürbar zurück. Laut Schätzungen der ABDA erwirtschafteten Apotheken im Jahr 2021 Sonderumsätze von etwa 2,5 Milliarden Euro in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS), während dieser Betrag im Jahr 2022 auf lediglich etwa 600 Millionen Euro sank.
Diese Entwicklungen spiegeln sich deutlich in den Geschäftszahlen wider. Der durchschnittliche Nettoumsatz einer Apotheke stieg im Jahr 2022 um 4,7 Prozent auf 3,225 Millionen Euro, obwohl dieser Umsatz auf 2,1 Prozent weniger Apotheken verteilt wurde. Das Betriebsergebnis hingegen ging um 22,8 Prozent auf durchschnittlich 162.890 Euro zurück, wodurch es nur noch 5,1 Prozent des Nettoumsatzes ausmachte – ein historisches Tief.
Kleine Apotheken besonders betroffen
In Bezug auf die Umsatzverteilung erweiterte sich die Kluft zwischen großen und kleinen Apotheken im Berichtsjahr weiter. Obwohl kleinere Apotheken eher von Schließungen betroffen sein könnten, gab es einen Zuwachs an kleineren Apotheken. Die Verteilung der Apothekenumsätze änderte sich jedoch nicht einfach linear nach rechts, sondern der Bereich des Umsatzgipfels verbreiterte sich und teilte sich auf. Das Maximum des Umsatzes verlagerte sich sogar nach links und es bildete sich ein zweiter Umsatzgipfel im Bereich des Durchschnittsumsatzes heraus. Diese Analyse zeigt, dass viele herkömmliche Apotheken entweder stagnieren oder schrumpfen, während die größeren Apotheken umso mehr expandieren.
Offensichtlich befinden sich viele kleinere Apotheken in einer prekären Lage und sind gefährdet. Ein wohl inzwischen veraltetes Geschäftsmodell, das nur in wenigen Apotheken mit speziellen Faktoren noch funktioniert, kann jedoch langfristig die flächendeckende Versorgung nicht gewährleisten. Zudem belegen Case Studies aus der insolvenzrechtlichen Praxis, dass viele Apotheken trotz guter Umsätze nicht vor einem Abrutschen in die Insolvenz gefeit sind. Ursachen hierfür wären innere Faktoren wie fehlendes oder nicht geeignetes Personal oder externe Faktoren wie Konkurrenzdruck durch große Apothekenketten und den Online-Handel sowie neue gesetzliche Auflagen.
Sanierung von Apotheken rücken in den Mittelpunkt
Da eine Trendumkehr bezüglich der externen Faktoren derzeit nicht ersichtlich ist, geraten immer mehr Apotheker finanziell unter Druck. Die Sanierung der Apotheke und die finanzielle Absicherung des Apothekeninhabers rücken damit mehr in den Mittelpunkt. Ein Fachanwalt für Insolvenzrecht und Sanierungsrecht kann Ihnen bei beiden Fragestellungen das richtige Handwerkszeug an die Hand geben, um so entweder eine Insolvenz zu verhindern oder im Falle einer Insolvenz die finanziellen Folgen abzumildern.