Fahrverbot

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Bedienung des Touchscreen während der Fahrt kann zu Fahrverbot und Punkten führen

Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Sie befinden sich mit Ihrem Fahrzeug auf der regnerischen Straße und wollen dabei über den Touchscreen das Intervall des Scheibenwischers ändern, um diesen an die gegebenen Witterungsverhältnisse anzupassen. Es folgt auf das erste Bedienungsmenü ein Untermenü, ein weiteres Untermenü – bis Sie vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen, in der Ablenkung von der Straße abkommen und gegen denselben prallen. Ebenso ergangen ist es einem TESLA-Fahrer, der dies mit dem Entzug seiner Fahrerlaubnis gebüßt hat.

Der Fall

Im März 2019 fuhr der betroffene Autofahrer abends mit seinem TESLA auf einer Bundesstraße. Aufgrund von starken Regenfällen an diesem Abend wollte er das Intervall des Scheibenwischers anpassen. Dazu bediente er den fest installierten Touchscreen über der Mittelkonsole. Dieser stellt die zentrale Steuerungseinheit dar und ersetzt die Armaturen. Das Fahrzeug kam dabei von der Straße nach rechts von der Fahrstrecke ab und kollidierte mit mehreren Bäumen sowie einem Netzknotenstationierungszeichen.

Das Urteil

Die Richter am Karlsruher Amtsgericht sahen in dem Touchscreen ein elektronisches Gerät, dass der Fahrer rechtswidrig während der Fahrt bedient hatte. Das Gericht verurteilte den Fahrer daraufhin zu einer Geldbuße von 200 EUR und belegte ihn zusätzlich mit einem einmonatigen Fahrverbot. Hiergegen wandte sich der Betroffene mit einer Rechtsbeschwerde an das Oberlandesgericht in Karlsruhe.

Das Oberlandesgericht in Karlsruhe teilte die Auffassung des Fahrers nicht. In seinem Urteil aus dem Beschluss vom 27.03.2020 Aktenzeichen Az.: 1 Rb 36 Ss 832/19 schloss sich das OLG dem Urteil des Amtsgerichts an und entschied, dass ein Touchscreen zur Fahrzeugbedienung ein elektronisches Gerät darstellt und demzufolge unter den Handyparagrafen § 23 StVO fällt. Da in diesem Zusammenhang bis dato weder andere Oberlandesgerichte über eine derartige Frage entschieden haben, noch eine passende Kommentierung hierzu vorhanden war, bezog sich das Amtsgericht in Karlsruhe in seinem Urteil in erste Linie auf den Wortlaut des § 23 Absatz 1a StVO.

Begründung

Das OLG ergänzte dazu wie folgt: „Zwar stellt der im Touchscreen des ‚Tesla‘ eingebaute Geschwindigkeitsregler des Scheibenwischers selbst kein elektronisches Gerät dar, welches der ‚Kommunikation, Information oder Organisation‘ dient (…), sondern es handelt sich (…) um ein sicherheitstechnisches Bedienteil des Fahrzeugs. Dieses ist jedoch in den ‚Touchscreen‘ des ‚Tesla‘ fest eingebaut, welcher auch andere Funktionen beinhaltet, wie etwa ein der Information dienendes Navigationsgerät, sodass der Berührungsbildschirm auch aus verkehrstechnischen Sicherheitsgründen insoweit nur einheitlich betrachtet werden kann und von der Verbotsnorm nicht einzelne Anwendungen herausgenommen werden können.“

Dabei sollte man den nachfolgenden Abschnitt 1 Nr. 2 b) des Handyparagrafen § 23 StVO besondere Aufmerksamkeit schenken, dort heißt es nämlich:
Wer mehr als eine „kurze Blickzuwendung“ auf einen Bildschirm / Berührungsbildschirm riskiert, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Dabei ist es völlig egal, ob man gedenkt, den Radiosender zu wechseln, sein privates Musikprogramm abzuspielen, eine Funktion des Navigationssystems aufruft oder irgendein anderes Feature – mag es auch der Sicherheit dienen – benutzt.

Denn immer mehr Fahrzeuge verfügen über sogenannte Touchscreens zur Bedingung. Und wie das Urteil zeigt, ist die Benutzung per se nicht verboten, solange diese kurz ist und die Ablenkungsspanne nicht die Verhältnismäßigkeit zur sicheren Teilnahme am Straßenverkehr überschreitet.

Fazit

Es ist davon auszugehen, dass dieses Urteil nicht das einzige seiner Art bleiben wird, da die Touchscreens leider in der Tat die Sicherheit im Straßenverkehr beeinträchtigen. Es betrifft nicht nur TESLA-Touchscreen. Daher müssen sich nicht nur TESLA-Fahrer Gedanken machen, wie sie zukünftig Einstellungen in Untermenüs auf ihrem Touchscreen auswählen, ohne eine Ordnungswidrigkeit zu begehen. Für TESLA-Fahrer wird dies aber in ganz besonderem Maße eine Herausforderung, da in einem solchen Fahrzeug auch zentrale Sicherheitselemente über den Touchscreen geregelt werden.

Hier hätte der Fahrer – um nichts falsch zu machen – rechts ranfahren und dann in gesicherter Umgebung die gewünschten Einstellungen vornehmen müssen. Ich gehe davon aus, dass TESLA im Besonderen und die Automobilindustrie im Allgemeinen schnell eine Alternativlösung anbieten wird, da diese Form der Menübedienung (erst rechts ran fahren und dann erst bedienen) nicht lebensnah und damit nicht praktikabel ist. Das Urteil jedenfalls ist lebensnah – auch wenn es für den betroffenen TESLA-Fahrer ungerecht vorkommen mag.

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