Die GmbH nach der Löschung bleibt im Spiel
Was passiert eigentlich, wenn eine GmbH, die formal längst aus dem Handelsregister gelöscht wurde, dennoch Teil eines laufenden Rechtsstreits bleibt? Ein aktueller Beschluss des Kammergerichts (KG) Berlin vom 2. März 2023 zu dem Aktenzeichen 10 U 92/2 gibt darauf eine adäquate Antwort. Das Gericht entschied, dass eine gelöschte GmbH durchaus parteifähig bleibt – zumindest, wenn sie noch potenzielles Vermögen haben könnte. Klingt paradox? Willkommen in der Welt der juristischen Feinheiten.
Der Fall
Alles begann mit einem Streit um eine Maklerprovision. Die Klägerin hatte mit der beklagten GmbH eine „Maklerprovisionsvereinbarung“ geschlossen, die sie zur Zahlung einer Provision verpflichtete, sollte sie den erfolgreichen Abschluss eines Kaufvertrags vermitteln. Das Problem: Nicht die GmbH, sondern ihr Geschäftsführer persönlich hatte das betreffende Grundstück gekauft. Während des Gerichtsprozesses wurde die GmbH aus dem Handelsregister gelöscht – für viele ein Signal des „Game Over“. Doch das Kammergericht entschied, dass die Löschung die Parteifähigkeit der GmbH nicht beendet. Die Frage war, ob die gelöschte GmbH noch Vermögenswerte haben könnte, etwa einen Anspruch gegen ihren Liquidator (§ 73 Abs. 3 GmbHG). Solange dies nicht ausgeschlossen ist, bleibt sie nach § 50 Abs. 1 ZPO prozessfähig.
Die rechtliche Begründung des Kammergerichts
Das Kammergericht argumentierte, dass der Provisionsanspruch der Klägerin berechtigt sei. Nach § 652 Abs. 1 BGB steht einem Makler eine Provision zu, wenn ein Hauptvertrag zustande kommt und seine Tätigkeit dafür ausschlaggebend war. Der Clou in diesem Fall: Der Geschäftsführer handelte persönlich – doch das Gericht sah eine „wirtschaftliche Identität“ zwischen ihm und der GmbH. Entscheidend sei nicht, wer im Vertrag steht, sondern ob der wirtschaftliche Erfolg, um den es geht, derselbe bleibt. Noch spannender ist die Feststellung, dass die Löschung der GmbH aus dem Handelsregister nicht das Ende ihrer Parteifähigkeit bedeutet.
Diese Entscheidung sendet ein klares Signal: Eine GmbH kann nicht einfach durch ihre Löschung aus dem Handelsregister Ansprüche umgehen. Das Kammergericht folgte dabei der bestehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts, ging aber in seiner Argumentation noch weiter. Selbst wenn Geschäftsführer in eigenem Namen handeln, dürfen sie nicht versuchen, Verbindlichkeiten der GmbH zu umgehen.
Folgen für Gläubiger, Geschäftsführer und Liquidatoren
Für Gläubiger bedeutet dies: Auch bei gelöschten GmbHs lohnt sich ein genauer Blick. Wenn Anhaltspunkte für Vermögen oder Ansprüche gegen den Liquidator bestehen, bleiben die Türen zu rechtlichen Auseinandersetzungen offen.
Die Löschung einer GmbH mag formell das Kapitel eines Unternehmens abschließen – doch für die Gerichte bleibt das Buch offen, solange ein möglicher Restwert im Raum steht. Das Kammergericht macht mit seinem Beschluss deutlich, dass es keinen Freifahrtschein für die Umgehung von Ansprüchen gibt. Für Gläubiger und Makler gleichermaßen ein ermutigender Sieg – und eine Erinnerung daran, dass Recht manchmal mehr ist, als eine Frage des Registers. Für Liquidatoren hingegen bedeutet dies, noch größere Sorgfalt bei der Liquidation einer Gesellschaft walten zu lassen, damit eine persönliche Haftung vermieden wird.
Wollen auch Sie eine GmbH löschen und sich informieren? Dann kontaktieren Sie einen Anwalt für Gesellschaftsrecht.