Pfändbarkeit der Energiepreispauschale – Einstufung der Pauschale als vorzeitige Steuererstattung
Angesichts der Energiekrise in Deutschland wurde im September 2022 einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro gewährt. Diese Auszahlung erfolgte über die Lohnabrechnung durch den Arbeitgeber. Selbstständige erhielten eine Vorschusszahlung durch die Senkung ihrer Steuervorauszahlungen. Die Energiepreispauschale wurde sozial gestaltet, um finanzielle Unterstützung zu bieten. Es ist jedoch zu beachten, dass sie in der Regel steuerpflichtig ist, wodurch die Nettoentlastung entsprechend der individuellen Steuerbelastung reduziert wird. Diese Energiepauschale ist jedoch gemäß § 112 ff EStG pfändbar. Sie ist als (vorzeitige) Steuererstattung einzustufen. Dies hat das Amtsgericht Norderstedt in seinem Beschluss vom 15.09.2022 zu dem Aktenzeichen 66 IN 90/19 entschieden.
Der vorliegende Fall bezieht sich auf einen angestellten Zahnarzt, dessen Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Im August 2022 stellte er einen Antrag auf Freigabe der Energiepreispauschale in Höhe von 300 €, da er die Pauschale für unpfändbar hielt. Das Amtsgericht Norderstedt entschied jedoch zugunsten der Gläubiger und gegen den Schuldner. Es stellte fest, dass die Energiepreispauschale pfändbar sei und daher nicht freigegeben werden könne.
Energiepreispauschale ist kein Arbeitseinkommen
Das Amtsgericht argumentierte, dass die Energiepreispauschale nicht als Arbeitseinkommen betrachtet werden könne. Daher ergebe sich die Unpfändbarkeit nicht aus den §§ 850 ff. der Zivilprozessordnung. Die Pauschale ähnele aufgrund ihrer gesetzlichen Ausgestaltung am ehesten einer (vorzeitigen) Steuererstattung. Der Staat verzichte auf einen Teil des Lohns, was zu einer Auszahlung an den Bürger führe. Gemäß § 46 Abs. 1 der Abgabenordnung seien Steuererstattungsansprüche grundsätzlich pfändbar.
Das Amtsgericht stellte fest, dass auch eine Unpfändbarkeit nach § 851 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht gegeben sei. Es fehle an einer klaren Zweckbindung für die Energiepreispauschale. Es sei unklar, welchen genauen Zweck die Pauschale verfolge. Zudem werde in keiner Stelle die Abtretung oder (Ver-)Pfändung ausgeschlossen. Der Schuldner könne vielmehr frei entscheiden, wofür er die Pauschale ausgibt.
Energiepreispauschale stellt Verzicht auf Steuern dar
Die Energiepreispauschale stellt nach Ansicht des Gerichts keine direkte Zahlung dar, sondern vielmehr einen Verzicht auf Steuern. Sie ist auch nicht im Sozialgesetzbuch (SGB) geregelt, wo gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB I vorrangig Sozialleistungen behandelt werden. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass sich § 54 SGB I grundsätzlich nur auf im SGB geregelte Sozialleistungen beziehen kann (abgesehen von den in § 54 SGB I selbst geregelten Ausnahmefällen). Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die Pfändung gemäß § 54 Abs. 2 SGB I im Fall des angestellten Zahnarztes unbillig wäre.
Die Energiepreispauschale unterliegt keiner Bedürftigkeitsprüfung oder Rückzahlungsverpflichtung. Dies spricht ebenfalls gegen die Annahme, dass es sich um eine Sozialleistung handelt. Bei Fragen steht die Kanzlei BRAUN Ihnen mit Ihrem Fachanwalt für Insolvenzrecht und Sanierungsrecht gerne zur Seite.