Große Hoffnungen lagen auf „DD“, einem vielversprechenden Hengstfohlen, das einmal Deckhengst und Dressurstar werden sollte. Doch statt Medaillen brachte das Tier seinen Eigentümern nur Ärger, Rechnungen – und eine juristische Lehrstunde in Gesellschaftsrecht. Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg musste über die Auseinandersetzung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit Urteil vom 15.01.2025 zum Aktenzeichen 5 U 55/22 entscheiden, die zur Förderung des Pferdes gegründet worden war. Ergebnis: Einzelklagen sind tabu, die Gesellschafter müssen sich über eine Auseinandersetzungsbilanz verständigen – und Tierarztkosten werden hälftig geteilt.
Ein Pferde-Start-up auf rechtlichem Abweg
2020 schlossen ein Gestüt und eine Pferdezüchterin einen Vertrag, der ambitioniert klang: Beide wollten das Hengstfohlen „DD“ gemeinsam großziehen, trainieren und später als Deckhengst einsetzen. Die Eigentümerin brachte das Fohlen in die Gemeinschaft ein, das Gestüt stellte einen Hoflader samt Zubehör und übernahm die laufenden Unterhaltskosten. Vereinbart war: Gewinne aus Zucht oder Verkauf sollten geteilt werden – eine Art „Pferde-Start-up“ im juristischen Gewand.
Doch das Projekt endete tragisch. Nur wenige Monate später zeigte das Tier massive Bewegungsstörungen. Ein Tierarzt sprach von Ataxie, einer schwerwiegenden neurologischen Erkrankung. Nach mehreren Behandlungen, zuletzt in einer belgischen Tierklinik, musste das Fohlen eingeschläfert werden.
Streit um Stallhaltung und Schadensersatz
Die Eigentümerin sah die Ursache in der Stallhaltung des Gestüts und verweigerte den überlassenen Hoflader zurückzugeben. Sie verlangte zudem Ersatz für Behandlungskosten von rund 7.000 Euro. Das Gestüt wiederum wollte den Hoflader zurück – und bestritt jede Pflichtverletzung.
Das Landgericht Aurich folgte zunächst dem Gestüt: Der Vertrag sehe klar vor, dass der Hoflader nach dem Tod des Pferdes zurückgegeben werden müsse; Schadensersatzansprüche bestünden mangels Beweise nicht. Doch das OLG Oldenburg hob dieses Urteil teilweise auf – und nutzte die Gelegenheit, die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen solcher Tiergemeinschaften grundlegend einzuordnen.
GbR statt Bruchteilsgemeinschaft: Juristische Klarstellung
Nach Ansicht des OLG hatten die Parteien mit ihrem „Kooperationsvertrag“ eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) gegründet. Entscheidend sei der gemeinsame Zweck – hier die „bestmögliche Förderung des Hengstfohlens“. Damit handle es sich gerade nicht um eine bloße Bruchteilsgemeinschaft, die nur dem gemeinsamen Besitz diene, sondern um eine echte Gesellschaft mit wirtschaftlichem Ziel.
Mit dem Tod des Pferdes endete zwar die Gesellschaft, doch – so das Gericht – Einzelansprüche dürfen nach § 730 BGB nicht isoliert geltend gemacht werden. Alles müsse in eine Auseinandersetzungsbilanz eingestellt werden, aus der am Ende ein einziger Saldo resultiere. Der Herausgabeanspruch des Gestüts auf den Hoflader war also nicht direkt einklagbar – wohl aber im Rahmen der Gesamtabrechnung zu berücksichtigen.
Kein Verschulden – aber gemeinsame Verantwortung
Der Versuch der Eigentümerin, das Gestüt wegen mangelhafter Tierhaltung in Anspruch zu nehmen, scheiterte. Ein tiermedizinisches Gutachten ergab, dass das Pferd an einer angeborenen Fehlbildung der Halswirbelsäule (CVM) gelitten hatte. Diese könne unabhängig von den Haltungsbedingungen zu der beobachteten Ataxie geführt haben. Die Pflichtverletzung, die das Gestüt angeblich begangen hat, ließ sich nicht beweisen.
Trotzdem bekam die Beklagte einen Teilerfolg: Das OLG entschied, dass außergewöhnliche Behandlungskosten während des Bestehens der Gesellschaft von beiden Gesellschaftern je zur Hälfte zu tragen seien. Da die Gesellschaft nach der Mitnahme des Pferdes noch fortbestand, müsse sich das Gestüt mit rund 3.270 Euro an den Gesamtkosten beteiligen. Im Übrigen bleibe es bei der Verpflichtung, den Hoflader im Rahmen der Auseinandersetzung herauszugeben.
Gesellschaftsrecht gilt auch für Tiergemeinschaften
Die Richter verwarfen damit den formalistischen Ansatz des Landgerichts und stellten klar: Auch in tierischen Unternehmungen gelten die strengen Spielregeln des Gesellschaftsrechts.
Das Urteil zeigt eindrücklich, dass romantische Zuchtgemeinschaften schnell zu juristischen Minenfeldern werden können. Wer gemeinsam in ein Tier oder ein Projekt investiert, gründet häufig unbewusst eine GbR – mit allen rechtlichen Konsequenzen: gemeinsamer Zweck, gemeinsame Haftung, gemeinsame Kosten.
Das OLG Oldenburg liefert damit nicht nur eine Entscheidung über einen verlorenen Hengst, sondern auch eine Mahnung an alle, die auf gemeinsamer Basis wirtschaften wollen. Freundschaftliche Kooperationen brauchen klare Verträge – und einen Plan für den Fall, dass der Traum platzt.
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