OLG Frankfurt sieht kein Verschulden eines Vereins sondern allgemeines Lebensrisiko
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit seinem Urteil vom 12.11.2024, zum Aktenzeichen 26 U 24/23 entschieden, dass ein Reit- und Fahrverein nicht für die Folgen eines Nageltritts haftet, den sich ein eingestelltes Pferd auf dem Vereinsgelände zugezogen hatte. Die Eigentümerin des Tieres verlangte Ersatz der erheblichen Behandlungskosten und berief sich auf angebliche Pflichtverletzungen des Vereins aus dem bestehenden Einstellvertrag. Das OLG Frankfurt bestätigte jedoch die Abweisung der Klage durch das Landgericht und verneinte eine Haftung sowohl aus vertraglicher Verantwortung als auch aus deliktischen Grundsätzen.
Beweislast entscheidet über den Ausgang
Der Fall nahm im Dezember 2021 seinen Anfang, als die Klägerin ihr Pferd in der Box mit einem tiefsitzenden Hufnagel vorfand. Die anschließende tierärztliche Versorgung führte zu Komplikationen, die das Einschläfern des Tieres erforderlich machten. Unter Verweis auf den Einstellvertrag aus dem Jahr 2016, der den Reitverein zur sorgfältigen Pflege und Beobachtung des Pferdes verpflichtete, verlangte die Eigentümerin Schadensersatz. Sie argumentierte, der Nagel könne nur in der von der Beklagten bereitgestellten Box gelegen haben, für deren Sicherheit der Verein einzustehen habe.
Doch sowohl das Landgericht als auch das OLG kamen zu einem anderen Ergebnis. Entscheidender Punkt war die Beweislastverteilung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zwar muss sich ein Verwahrer – wie ein Pensionsstallbetreiber – entlasten, wenn der Schaden eindeutig allein in seinem Verantwortungsbereich entstanden ist. Dafür müsse die Klägerin jedoch zunächst beweisen, dass die Verletzung überhaupt in diesen Bereich fiel. Dies gelang ihr nicht. Nach der Beweisaufnahme blieben erhebliche Zweifel: Niemand konnte sicher bestätigen, dass das Pferd am Vortag unverletzt in die Box gestellt wurde. Die Zeugen erinnerten sich nur lückenhaft an Abläufe und Zeitpunkte, und fest stand lediglich, dass das Pferd am Morgen des 6. Dezember 2021 verletzt in der Box stand. Ob es den Nagel bereits auf dem Weg dorthin aufgenommen hatte, blieb offen.
Allgemeines Lebensrisiko statt Pflichtverletzung
Das Gericht hob hervor, dass sich ein Nageltritt nicht zwingend auf einen unsicheren Stall oder mangelhafte Überwachung zurückführen lasse. Ein einzelner, verlorener Nagel auf einem frei zugänglichen und weitläufigen Außengelände sei selbst bei ordnungsgemäßen Reinigungs- und Sicherheitsintervallen nie vollständig auszuschließen. Die Beklagte hatte nachweislich regelmäßig für Sauberkeit, Kontrolle und Ordnung gesorgt, was im Rahmen des Zumutbaren liege. Der Senat stellte klar: Ein solcher Vorfall sei ein typisches Beispiel für das „allgemeine Lebensrisiko“, das nicht dem alleinigen Verantwortungsbereich des Reitvereins zugerechnet werden könne. Die Betreiber einer Reitanlage müssten Risiken beherrschen, die organisatorisch erfassbar und kontrollierbar seien – ein einzelner Fremdkörper auf einem Gelände, das von vielen Nutzern frequentiert wird, falle nicht darunter.
Ein Urteil mit Signalwirkung für Pferdehalter und Stallbetreiber
Die Richterinnen und Richter formulierten es deutlich. Tritt sich ein Pferd auf einem vom Verein bewirtschafteten Gelände einen einzelnen Nagel in den Huf, obwohl der Betreiber regelmäßig zumutbare Sicherungsmaßnahmen ergreift, realisiert sich ein schicksalhafter Verlauf, für den der Verein nicht einzustehen hat. Die Klägerin habe weder den ursächlichen Bereich noch eine Pflichtverletzung beweisen können. Auch deliktische Ansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB kämen daher nicht in Betracht.
Damit blieb die Berufung ohne Erfolg, und das Urteil des Landgerichts bestand fort. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar, eine Revision wurde vom OLG nicht zugelassen. Für Stallbetreiber ist dieses Urteil eine wichtige Bestätigung: Sorgfaltspflichten bestehen umfassend, doch sie reichen nicht so weit, dass jede unglückliche Fügung automatisch haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich zieht. Für Pferdehalter verdeutlicht die Entscheidung zugleich, dass der Nachweis des Entstehungsorts eines Schadens im Zweifel präzise geführt werden muss – andernfalls bleibt der tragische Ausgang eines solchen Geschehens rechtlich folgenlos.
Bei Unsicherheiten oder zur rechtlichen Einschätzung ähnlicher Fälle empfiehlt sich die frühzeitige Beratung durch einen erfahrenen Anwalt für Pferderecht.

