Ein Arbeitszeugnis kann auch per Vollstreckung erzwungen werden
Sich die Zähne ausbeißen bedeutet, dass man etwas trotz größter Mühen vergeblich versucht hat. So erging es einem ehemaligen Arbeitgeber – hier ein Zahnarzt – dessen Streit mit seiner ehemaligen Arbeitnehmerin und zusätzlich noch seiner ehemaligen Ehefrau vor einem Arbeitsgericht sehr verbissen verlief. Der ehemaligen Arbeitnehmerin wurde vom Arbeitgeber, im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs, ein „wohlwollendes Arbeitszeugnis“ mit einer konkret benannten Leistungs- und Verhaltensbeurteilung zugesichert. Wer sich, wie in diesem Fall der Ehemann und Zahnarzt, vor Gericht zu etwas verpflichtet, sollte das besser auch einhalten – sonst kann es teuer werden. Das zeigt ein aktueller Beschluss des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz vom 24. Januar 2025 zu dem Aktenzeichen 5 Ta 1/25.
Vom Ehestreit zur Zwangsvollstreckung: Der Fall im Überblick
Im Mittelpunkt stand ein etwas ungewöhnlicher Fall: Eine Frau, angestellt als Praxismanagerin in der Zahnarztpraxis ihres Ehemanns, wurde nach einem Ehestreit gekündigt. Vor dem Arbeitsgericht einigte sich das – inzwischen wohl getrennte – Paar auf einen Vergleich. Darin verpflichtete sich der Zahnarzt, ein qualifiziertes, „wohlwollendes“ Arbeitszeugnis auszustellen – mit klaren darin benannten Formulierungen. Die Leistung sollte mit „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ bewertet werden, das Verhalten mit „stets einwandfrei“. Auch eine übliche Abschlussformel mit Dank, Gruß und guten Wünschen war Teil der Vereinbarung.
Doch der Zahnarzt kam seiner Verpflichtung nicht nach. Die Frau zog erneut vor Gericht und beantragte die Zwangsvollstreckung. Mit Erfolg: Das Arbeitsgericht setzte ein Zwangsgeld von 5.000 Euro an – ersatzweise drohte sogar Zwangshaft von bis zu sechs Monaten.
Präzise Formulierungen sind entscheidend
Der Arbeitgeber wollte das nicht hinnehmen und legte Beschwerde ein. Seine Begründung lautete dabei, dass die Formulierungen im Vergleich zu vage seien, um vollstreckt werden zu können. Das sah das LAG jedoch anders.
Die Richterinnen und Richter in Mainz stellten klar: Zwar sei der Begriff „wohlwollendes Zeugnis“ allein tatsächlich zu unbestimmt. Doch im konkreten Fall sei der Vergleich deutlich genug – insbesondere, weil er konkrete Formulierungen für Leistungs- und Verhaltensbeurteilung sowie die Abschlussformel nenne. Diese Inhalte seien so präzise, dass sie durchsetzbar seien.
Keine Spitzfindigkeiten: Eindeutige Vereinbarungen zählen
Es ging nicht – wie in anderen Fällen – um die umstrittene Frage, ob eine bestimmte Schulnote im Zeugnis stehen müsse. Solche Anforderungen seien laut Bundesarbeitsgericht nicht vollstreckbar. Hier aber lag eine klare inhaltliche Vereinbarung vor, so das LAG. Und die müsse der Zahnarzt nun auch einhalten – notfalls mit Nachdruck.
Fazit: Klare Zeugnisklauseln sind vollstreckbar
Wer sich in einem gerichtlichen Vergleich zur Zeugniserteilung verpflichtet, sollte nicht auf juristische Spitzfindigkeiten hoffen. Sind Inhalt und Formulierungen konkret geregelt, kann ein Zeugnis auch mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden – und das konsequent bis hin zur Zwangshaft. Arbeitgeber sollten in solchen Fällen persönliche Befindlichkeiten hinten anstellen und sich streng auf das Vereinbarte konzentrieren, damit sich diese nach dem Vergleichsschluss nicht die Zähne ausbeißen.
Selbst in schwierigen Situationen ist es ratsam, frühzeitig einen erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht in der Nähe zu konsultieren.