Börskurs zur Bestimmung des Unternehmenswerts

BGH bestätigt Börsenkurs als geeignete Methode zur Bestimmung des Unternehmenswerts

„Der Schlüssel zum erfolgreichen Investieren liegt nicht in der Frage, wie sehr eine Industrie die Gesellschaft beeinflusst oder ob sie wachsen wird, sondern darin, herauszufinden, ob ein bestimmtes Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil hat und wenn ja, wie lange dieser anhalten wird“, sprach der Investor Warren Buffet. Der Bundesgerichtshof sprach indes in einer Entscheidung vom 31. Januar 2024 zu dem Aktenzeichen II ZB 5/22 und stellte dabei klar, dass der Börsenkurs einer Gesellschaft grundsätzlich eine geeignete Grundlage zur Schätzung des Unternehmenswerts und des Werts der Beteiligung von außenstehenden Aktionären gemäß § 305 AktG darstellt. Diese Methode kann sowohl die bisherige Ertragslage als auch die künftigen Ertragsaussichten einer Gesellschaft angemessen abbilden und als Basis für den nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG zu bestimmenden Ausgleich dienen.

Der Fall: Übernahmeangebot und Bewertungsmethodik

Im zugrundeliegenden Fall hatte die spätere Mehrheitsaktionärin ein öffentliches Übernahmeangebot für die Aktien der Zielgesellschaft in Höhe von 84,50 Euro abgegeben. Rund sechs Monate später wurde ein BGAV zwischen der Mehrheitsaktionärin und der Zielgesellschaft abgeschlossen. Dabei wurde eine Abfindung nach § 305 AktG in Höhe von 84,53 Euro pro Aktie und eine jährliche Ausgleichszahlung nach § 304 AktG in Höhe von 3,77 Euro vereinbart. Diese Beträge beruhten auf dem volumengewichteten durchschnittlichen Börsenkurs der letzten drei Monate vor der Ankündigung des BGAV, der den Ertragswert überstieg.

Der gerichtlich bestellte Vertragsprüfer bewertete die festgesetzte Kompensation als angemessen. Anträge von Minderheitsaktionären auf Erhöhung der Kompensation im Rahmen eines Spruchverfahrens blieben erfolglos. Das Beschwerdegericht bestimmte den Unternehmenswert anhand des Börsenwerts beider Gesellschaften und ließ dabei den Stichtag offen, da der Anteilswert in allen relevanten Referenzzeiträumen unter der vertraglich vereinbarten Abfindung lag. Der BGH wies die dagegen gerichteten Rechtsbeschwerden zurück.

Entscheidung des BGH: Börsenkurs als geeignete Grundlage

Der Senat des BGH knüpfte dabei an seine frühere Rechtsprechung vom 23. Februar 2023 (II ZB 12/21) an und bestätigte, dass der Rückgriff auf den Börsenkurs der Gesellschaft eine geeignete Methode zur Bestimmung der Abfindung und des Ausgleichs im Rahmen eines BGAV ist, sofern dies im tatrichterlichen Ermessen liegt. Laut BGH kommt ein Rückgriff auf den Börsenkurs nur dann nicht in Frage, wenn „ein funktionsfähiger Kapitalmarkt nicht gegeben“ ist. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn über längere Zeiträume kaum Handel mit den Aktien der Gesellschaft stattfindet oder eine Marktenge vorliegt.

Ein „Zustand perfekten Wettbewerbs“ ist hingegen keine Voraussetzung für die Berücksichtigung des Börsenkurses. Der BGH bestätigte zudem, dass die Methode zur Ableitung des Ausgleichs unter Rückgriff auf den Credit Spread des herrschenden Unternehmens rechtlich korrekt angewendet wurde. Es bestehe kein sachlicher Grund, den Verrentungszinssatz zwingend an den im Ertragswertverfahren anzusetzenden Kapitalisierungszins zu koppeln. Eine solche Bindung widerspräche der Anerkennung der marktorientierten Methode, die den Börsenkurs zur Bestimmung der Ertragsaussichten der Gesellschaft heranzieht.

Auswirkungen der Entscheidung

Diese Entscheidung des BGH stärkt die Position von Unternehmen und Aktionären gleichermaßen, indem sie die Börsenkursmethode als verlässliche Bewertungsgrundlage bestätigt. Dies bringt mehr Transparenz und Sicherheit in Übernahmeprozesse und die damit verbundenen finanziellen Regelungen. Der Börsenkurs, als Spiegelbild der Marktbewertung, wird so zu einem festen Anker in der komplexen Welt der Unternehmensübernahmen und -fusionen. Mit dieser Klarstellung setzt der BGH ein wichtiges Signal für zukünftige Übernahmen und zeigt, dass der Börsenkurs eine solide und verlässliche Grundlage für die Bestimmung von Abfindung und Ausgleich bietet. So können sowohl Unternehmen als auch Aktionäre mit mehr Vertrauen und Sicherheit in die Zukunft blicken.

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