Eine Beteiligungsform für alle, die eine Alternative zur KG suchen
In der Geschichte gibt es viele Beispiele, in denen ein Unternehmer eine Idee, aber kein Geld, und ein Investor Geld, aber keine Idee hat und beide dann zusammenfinden. Für einen solchen Fall wurde ursprünglich die Kommanditgesellschaft gegründet. Neben einer solchen Beteiligungsform haben sich aber im Laufe der Geschichte auch andere Möglichkeiten der Unternehmensbeteiligung und der Investition für Investoren entwickelt. Hierbei ist nicht jede Investition in ein – und die Beteiligung an einem – Unternehmen laut und präsent. Manche Formen der Finanzierung laufen buchstäblich „stillschweigend“ ab – und bieten trotzdem attraktive Chancen. Die stille Beteiligung, eine traditionsreiche Finanzierungsart aus dem Handelsgesetzbuch (§§ 230 ff. HGB), ist ein Paradebeispiel dafür, wie Kapital im Hintergrund eine Rolle spielt. Ein stiller Gesellschafter beteiligt sich mit einer Einlage am Unternehmen und erhält dafür einen Anteil am Gewinn – sichtbar ist das für Außenstehende jedoch nicht. Kein Firmenregister und keine öffentliche Bekanntmachung verraten, dass hier ein Investor im Hintergrund agiert. Nur bei Aktiengesellschaften gilt eine Eintragungspflicht.
So „still“ der Gesellschafter auch sein mag, bei Gewinn und Verlust kann er dennoch ein gewichtiges Wort mitreden. Oft ist seine Teilnahme an Verlusten vertraglich beschränkt. Auch der Einfluss auf die Unternehmensführung ist in der typischen Variante deutlich begrenzt. Eine attraktive Balance: Stille Beteiligungen gelten als Mezzanine-Kapital, eine Mischung aus Fremd- und Eigenkapital, was sie für Banken besonders attraktiv macht. Bei einer möglichen Insolvenz bleibt die Bank in der Rangfolge vorne, der stille Gesellschafter wird nachrangig behandelt – aber mit einem Rückzahlungsanspruch.
Typisch vs. atypisch: Mitbestimmung und steuerliche Unterschiede
Die typisch stille Beteiligung bietet eine elegante Lösung, sowohl aus rechtlicher als auch aus steuerlicher Sicht. Steuerrechtlich wird der Anteil des stillen Gesellschafters als Forderung gegenüber dem Inhaber des Handelsgewerbes betrachtet, was die steuerliche Bilanzierung vereinfacht. Die Erträge zählen nicht als gewerbliche Einkünfte, sondern als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG), was steuerlich oft günstigere Auswirkungen hat. Abschreibungen sind dabei erlaubt und schaffen Flexibilität. In puncto Kontrolle und Mitbestimmung hält sich der typisch stille Gesellschafter jedoch zurück – ihm fehlt einfach der Status als Mitunternehmer.
Doch es gibt auch die „laute“ Ausnahme von der stillen Regel: die atypisch stille Gesellschaft. Hier bleibt die Beteiligung zwar immer noch im Verborgenen, jedoch mit einem Unterschied – der stille Gesellschafter hat signifikant mehr Mitbestimmungsrechte! Er wird nicht nur Gewinnbeteiligter, sondern zum Mitunternehmer, ausgestattet mit erweiterten Mitbestimmungsrechten, Kontrollmöglichkeiten und manchmal sogar einem Vetorecht – gleich einem Kommanditisten in einer KG. Er trägt auch das sogenannte Mitunternehmerrisiko, ist also an stillen Reserven und eventuell auch am Firmenwert beteiligt. Diese „Mitbestimmungsaufwertung“ bringt ihn ins Geschehen und lässt ihn am Erfolg und Misserfolg des Unternehmens teilhaben, und er wird auch steuerlich anders behandelt: Sein Einkommen zählt zu den gewerblichen Einkünften gemäß § 15 EStG.
Flexibilität in der Unternehmensbeteiligung
Auch steuerlich spielt die atypisch stille Gesellschaft auf einem anderen Niveau:
- Keine Buchführungspflicht: Die Gewinne werden allein auf Basis der Bilanz des Unternehmensinhabers ermittelt.
- Sonderbetriebsvermögen: Nur beim atypisch stillen Gesellschafter möglich, was zusätzliche steuerliche Gestaltungsspielräume eröffnet.
- Gewerbesteuerfreibetrag für GmbHs: Durch die vertragliche Behandlung als Personengesellschaft kann das Unternehmen einen Freibetrag von 24.500 Euro nutzen, den es sonst nicht hätte.
- Erhöhter buchhalterischer Aufwand: Es müssen zwei Bilanzen erstellt werden, was mit zusätzlichen Kosten und organisatorischen Anforderungen verbunden ist.
Interessant wird es, wenn die atypisch stille Beteiligung endet, sei es, weil das Kapital zurückgezogen oder der Vertrag gekündigt wird. Damit kehrt die steuerrechtliche Einstufung zur „normalen“ GmbH zurück, was zu einer umwandlungsrechtlichen Neubewertung führt. Diese Umwandlung ist jedoch an Fristen gebunden: Wird die atypisch stille Beteiligung vor Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist beendet, kommt es zur Aufdeckung der stillen Reserven. Das hat oft eine beachtliche Steuerlast zur Folge und kann den wirtschaftlichen Vorteil des ursprünglichen Modells zunichtemachen.
Anpassungsfähigkeit für alle Parteien
Ob typisches oder atypisches Modell, die stille Beteiligung ist eine flexible und potenziell vorteilhafte Finanzierungsform, die in Deutschland vor allem für Kapitalgeber reizvoll bleibt, die gerne im Hintergrund agieren. Für das Unternehmen selbst bedeutet ein solcher Partner oft eine Finanzierungsmöglichkeit, die die Kreditwürdigkeit erhöht und Gestaltungsspielraum gibt, ohne Kontrolle abgeben zu müssen – es sei denn, der Investor wird doch atypisch und damit aktiv.
Während sich ein Kommanditist nur an einer Kommanditgesellschaft beteiligen kann, kann sich ein stiller Gesellschafter an jeglicher Unternehmensform beteiligen. Das macht diese Beteiligungsform sehr flexibel. So können sich Unternehmer und Geldgeber nicht nur in einer KG, sondern auch in Gesellschaftsformen beteiligen, die zur Art des Geschäftsbetriebes besser passen.
Hat das Thema atypisch stille Gesellschaft Ihr Interesse geweckt? Dann konsultieren Sie einen Anwalt für Gesellschaftsrecht.