Keine automatische Entlastung des Geschäftsführers durch Feststellung des Jahresabschlusses
Ein zentrales Thema in der Unternehmensführung ist die Haftung des Geschäftsführers. Als verantwortliche Führungskraft trägt der Geschäftsführer eine hohe rechtliche Verantwortung für die Geschäfte der Gesellschaft. Diese Haftung erstreckt sich auf eine Vielzahl von Bereichen, von der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften bis hin zur sorgfältigen Verwaltung der finanziellen Angelegenheiten.
In diesem Zusammenhang ist es von entscheidender Bedeutung, die rechtlichen Pflichten und Risiken zu kennen, denen ein Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft und ihren Stakeholdern unterliegt. Insbesondere sind die Kennzahlen eines Unternehmens für dessen wirtschaftliche Diagnose von elementarer Bedeutung – insbesondere der Jahresabschluss bildet einen wesentlichen Bestandteil der Rechnungslegung. Dieser bietet einen Überblick über das Geschäftsergebnis und das Betriebsvermögen.
Sollten dabei erhebliche Mängel im Jahresabschluss festgestellt werden oder er fehlt vollständig, wird die Buchführung als nicht ordnungsgemäß betrachtet. Der Geschäftsführer haftet damit und sollte keine Nachbesserung durch diesen erfolgen, so liegt darin eine Pflichtverletzung und ein Verstoß gegen die §§ 41, 42 und 42a des GmbH-Gesetzes sowie § 331 HGB vor, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren geahndet werden können.
Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg
Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat in seinem Urteil vom 29. Juni 2022 unter dem Aktenzeichen 7 U 133/21 klargestellt, dass die Feststellung des Jahresabschlusses einer GmbH nicht automatisch die Geschäftsführer von ihrer Haftung gegenüber den Gesellschaftern befreit.
Hintergrund des Falles war, dass ein Geschäftsführer eigenmächtig ein höheres Gehalt bezog, ohne dies mit den Gesellschaftern zu besprechen. Die gezahlten Beträge waren aus den festgestellten Bilanzen ersichtlich, und für zwei vergangene Geschäftsjahre hatte der Geschäftsführer bereits eine Entlastung erhalten. Das Gericht stellte fest, dass der Geschäftsführer für den fraglichen Zeitraum nicht mehr nach § 43 Abs. 2 GmbHG haftbar gemacht werden konnte, da ihm wirksam Entlastung erteilt worden war. Da die überzahlten Beträge aus der Bilanz ersichtlich waren, wurde die Entlastung in diesem Fall als wirksam angesehen.
Allerdings befand das Gericht, dass die Gesellschaft für die Geschäftsjahre, in denen die Jahresabschlüsse nur festgestellt, aber keine Entlastungsbeschlüsse gefasst wurden, weiterhin berechtigt war, Ansprüche aus der Geschäftsführerhaftung geltend zu machen. Die Feststellung des Jahresabschlusses bedeutete lediglich, dass Zahlungen getätigt wurden, nicht aber, ob die Höhe dieser Zahlungen angemessen war. Daher wurde der Geschäftsführer zur Rückzahlung der überzahlten Beträge verurteilt.
Die Bedeutung der Buchhaltung
Johann Wolfgang von Goethe schrieb treffend über die Kunst der Buchführung: „Welche Vorteile gewährt die doppelte Buchhaltung dem Kaufmanne! Es ist eine der schönsten Erfindungen des menschlichen Geistes, und ein jeder gute Haushalter sollte sie in seiner Wirtschaft einführen.“ Doch anders als in den freien Künsten der Literatur sind die Regeln und Grenzen in dieser Disziplin strenger gesetzt, sodass man nicht nach eigenem Dünken etwas zusammendichten kann.
Zusammenfassung: Kernaspekte der Geschäftsführerhaftung und Jahresabschlussprüfung
- Rechtliche Verantwortung: Der Geschäftsführer trägt eine hohe rechtliche Verantwortung für die Geschäfte der Gesellschaft.
- Bedeutung des Jahresabschlusses: Ein wesentlicher Bestandteil der Rechnungslegung, der einen Überblick über das Geschäftsergebnis bietet.
- Haftung bei Mängeln: Bei erheblichen Mängeln im Jahresabschluss haftet der Geschäftsführer.
- Urteil des OLG Brandenburg: Feststellung des Jahresabschlusses befreit nicht automatisch von der Haftung.
- Goethes Sicht auf Buchhaltung: Eine Würdigung der doppelten Buchhaltung als wertvolles Werkzeug für den Kaufmann.
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